Russen-Alarm bei Clariden

Ein geprellter Duma-Abgeordneter fordert Entschädigung von der CS-Tochter. SonntagsZeitung, 19. Juni 2011

Anfang Juni war alles bereit. Der renovierte Empfangsbereich Leuehof am Hauptsitz an der Zürcher Bahnhofstrasse sollte mit einem rauschenden Kundenfest eingeweiht werden. Geladen hatten die Clariden-Leu-Chefs und Starfotograf Elliott Erwitt, dessen Werke ausgestellt wurden.

Doch hinter den Kulissen präsentiert sich die Lage der Tochter der Credit Suisse (CS) weniger glamourös. Die Clariden Leu, mit 1800 Mitarbeitern und 100 Milliarden Franken verwalteten Vermögen unter den Top Ten der Schweizer Banken, muss mit neuer Führung heikle Altlasten bewältigen. Im Zentrum steht ein Clariden-Leu-Fonds namens Universal Strategies auf den Cayman Islands. Betrieben wurde er vom Bulgaren G. V.*, einem früheren Angestellten des Genfer Ablegers der Bank.

Heikel war G. V.s Doppelrolle. Einerseits agierte er als Fondsmanager, andererseits war er Berater vermögender Kunden, deren Gelder er seinem Fonds zuführte. Anfang 2010 begann ein reicher Russe, an G. V.s Integrität zu zweifeln. Laut einem Kenner des Falls stellte die frisch vermählte Tochter des Russen bei einem Besuch in Verbier fest, dass in der Familienvilla fremde Leute hausten. Kundenberater G. V. hatte das Haus heimlich untervermietet.

Kunde wirft Clariden Leu Mitwissen vor

Nun ging der Russe auf die Clariden Leu und deren Mutter CS los. Es handelt sich um einen einflussreichen Moskauer, der als Topmann eines russischen Energieunternehmens reich wurde und gemäss Forbes schon vor Jahren über 300 Millionen Dollar besass. Seit 2004 sitzt er für die Kommunistische Partei in der Duma.

Der russische Kunde wirft Clariden Leu vor, dass sie ihren Senior Manager wissentlich gewähren liess. G. V. habe seine Doppelrolle als Berater und Fondsmanager nie offengelegt und persönlich davon profitiert. Als Fondsmanager war er am Erfolg seines Universal-Vehikels direkt beteiligt. Zudem habe G. V. einen Vertrauensanwalt an die Schalthebel von Kundenstrukturen gesetzt und diesen mit Vollmachten beim Universal-Fonds ausgerüstet. G. V. liess Anfragen unbeantwortet. Clariden Leu lehnte eine Stellungnahme ab.

Laut Vertrauten des russischen Kunden offerierte die Privatbank 1 Prozent des im Universal-Fonds liegenden Vermögens als Entschädigung. Das decke die Verluste nicht, sagen sie. G. V.s Fonds sei mit hohem Fremdkapitalanteil und russischen Immobilieninvestments tiefrot. Weiteren Kunden sollen wegen der Missstände beim Universal-Fonds von einem Moskauer Gericht 30 Millionen Dollar zugesprochen worden sein. Offenbar zieht Clariden Leu den Fall in London weiter.

Die Klagen fallen mit Turbulenzen beim CEO-Wechsel zusammen. Der Clariden-Leu-Verwaltungsrat sei mit einem Topversicherungsmanager einig gewesen, als die CS im März mit Olivier Jaquet eine interne Lösung wählte. Jurist Jaquet ist vertraut mit heiklen Situationen. Clariden-Leu-Manager vermuten, dass Jaquet von der CS beauftragt ist, Altlasten mit Russen und anderen Kunden zu bereinigen. Der neue CEO nahm die Topberater, die über die Firma CLPC AG elf Prozent des Kapitals der Clariden Leu besitzen, an die kurze Leine.

Von G. V. trennte sich Jaquet. Der Bulgare soll laut Zürcher Quellen mit seinem Universal-Fonds zu einer anderen Bank ziehen. Umstrittene Berater wie G. V. hatten im Unterschied zu anderen Neugeld zur Bank gebracht. Clariden Leu hat in den letzten Jahren rund 30 Prozent ihrer Kundengelder eingebüsst.

Intern wird deshalb über einen Verkauf an Julius Bär spekuliert. Dort sitzt mit Boris Collardi ebenfalls ein Ex-Nachwuchsmann der CS, der laut einem Vertrauten mit Jaquet befreundet ist. Jaquet hat die Strukturen jenen von Bär angeglichen, was ein Verschweissen vereinfachen würde. Vor Jahren sei schon einmal eine Fusion geprüft worden, sagt eine Bär-Quelle. Damals habe Clariden-Leu-Mutter CS abgewunken.


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