Der härteste Gegner des Bankgeheimnisses

Der US-Staatsanwalt Kevin Downing knöpft sich nach der UBS die CS und andere Schweizer Banken vor. Tages-Anzeiger, 21. Juli 2011

Er wirkt nett. Das Telefon beantwortet Kevin Downing mit: «Hi, how are you?» Es ist der vielleicht 15. Anlauf seit Ausbruch der UBS-Steueraffäre vor drei Jahren, mit dem Chefankläger der USA zu sprechen. Nach kurzem Small Talk vertröstet er stets: «In 30 Minuten bin ich frei», sagt er oder: «mailen Sie Ihre Fragen.» Das kann man tun, aber von Downing hört man nichts mehr.

So bleibt der Cheffahnder des US-Justizministeriums ungreifbar – und ein in der Öffentlichkeit unbekanntes Gesicht (es gibt nur ein Pressefoto von ihm). Dabei ist es Downing, der mit nur einer Handvoll Mitstreitern das Schweizer Bankgeheimnis, das 75 Jahre lang gehalten hatte, knackte. Die Geiselnahme der UBS hat ihm zu einer offenen Tür verholfen, nun greift er nach dem Inhalt des Tresors. Letzte Woche hat er eine Untersuchung gegen die Credit Suisse eröffnet; auch Julius Bär, die ZKB und die Bank Wegelin müssen zittern. Downing will noch mehr Namen amerikanischer Steuerflüchtlinge und noch mehr Bussgeld von Schweizer Banken.

US-Anwalt William Sharp, der viele Amerikaner mit Schwarzgeld auf Schweizer Konten berät, bezeichnet Downing als «Ausnahmeerscheinung». Die meisten anderen Spitzenbeamten des US-Justizministeriums würden vom Büro aus agieren. «Downing jedoch boxt seine Fälle vor Gericht selbst durch.»

Der Mittvierziger, der Gerüchten zufolge bei den Marines, einer Elitetruppe, gekämpft haben soll (was er selbst dementiert), quetscht zuerst Kunden und reuige Banker aus. Dann zwingt er die Bank, über ihre Praktiken auszupacken. Zuletzt hält der Chefankläger einen wasserdichten Fall in den Händen – und stellt die Bank vor die Wahl: Kapitulation oder Anklage.

Die UBS knickte ein, zahlte 780 Millionen Dollar und bot dazu Hand, dass über 4500 US-Kunden als Steuersünder identifiziert und verfolgt werden konnten. Die CS geht denselben Weg: Sie betont, dass sie umfassend mit Downing kooperiere. Und weil die Grossen kuschen, dürfte er bei den Kleinen leichtes Spiel haben.

Lee Sheppard, Journalist des Fachblatts «Tax Analysts», beschreibt den US-Staatsanwalt als präzisen Redner, «einen Militärkopf, der es gewohnt ist zu befehlen. Das Gegenteil eines Glamour-Boys: Er will den Job erledigen.» Worum es Downing geht, machte er vor zwei Jahren amerikanischen Steueranwälten in Chicago deutlich: «Die Privilegierten, die von den Vorteilen dieses Landes profitiert und bei den Steuern betrogen haben, will ich vor Gericht bringen – und verurteilt sehen», erklärte Downing. Und weiter: Er werde es nicht beim Fall UBS bewenden lassen. «Täuschen Sie sich nicht: Die UBS war keine Anomalie. Sie war der Anfang.»

Die Verantwortlichen des Schweizer Finanzplatzes haben es mit einem harten Gegner zu tun. Als sich die UBS-Affäre zuspitzte, machten sie Downing klar, dass US-Steuerbetrüger die Offenlegung ihrer Daten durch alle Gerichtsinstanzen anfechten können. «Wir spürten unmittelbar, wie sich die Stimmung verschlechterte», erinnert sich Urs Zulauf von der schweizerischen Finanzmarktaufsicht (Finma), der Downing im Herbst 2008 zu einer geheimen Aussprache in New York traf. Die Schweizer Vertreter hätten unser Rechtssystem pflichtgetreu verteidigt, «aber was unsere Gesetze besagen, war Downing und seinen Ermittlern völlig gleich. Die hatten ihren Auftrag und wollten ihn zu Ende führen.»


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