CS händigt 130 Dossiers von US-Kunden aus

Bern sieht Zwischenerfolg im Schwarzgeld-Konflikt mit den US-Behörden. SonntagsZeitung, 13. November 2011

Die Schweiz hat die nächste grosse Offenlegungsaktion von Daten amerikanischer Kunden bei Schweizer Banken gestartet. In einem ersten Schritt gibt sie US-Kunden mit Offshore-Strukturen bei der Credit Suisse (CS) und deren Tochter Clariden Leu bekannt. Rund 130 Kunden sind betroffen, sagt ein Kenner der Materie, der anonym bleiben will. Weder die CS noch Bern wollten die Zahl bestätigen.

Die Datenlieferung basiert auf dem ersten US-Amtshilfegesuch, das Teil einer «zweiten Welle» nach dem Fall UBS ist. Vorausgegangen sind Ermittlungen der USA gegen rund zehn Schweizer Banken, darunter neben der CS auch Julius Bär, Wegelin, die Zürcher und die Basler Kantonalbank. Die USA dürften bald weitere Gesuche gegen Kunden dieser Banken einreichen. Der Prozess wird zu einer Offenlegung von Tausenden Daten von US-Kunden führen. Diese kommen zu den rund 4500 US-Kundendaten der UBS, die die Schweiz vor einem Jahr den USA übermittelt hat.

Die CS-Amtshilfe gilt als Friedenssignal der Schweiz an die US-Behörden. «Damit sagt Bern: ‹Schaut, USA, wir bewegen uns doch›», urteilt ein Schweizer Banker. Der Schritt wurde nicht durch Chefunterhändler Michael Ambühl bekannt gemacht, sondern durch ein Schreiben der CS und der Clariden an betroffene Kunden. Die USA würden Informationen zu «Konten gewisser US-Personen im Besitz einer Domizilgesellschaft» suchen, und zwar von Anfang 2002 bis Ende 2010.

Dass die Suche so weit zurückreicht, sei ein «riesiger Erfolg» für die USA, meint ein Anwalt in New York, der Amerikaner mit nicht deklarierten Vermögen in der Schweiz vertritt. Die Schweiz wollte ursprünglich den frühesten Zeitpunkt für eine Offenlegung auf Herbst 2009 legen. Damals unterzeichnete Bern mit Washington ein neues Abkommen, das Steuerhinterziehung beinhaltet. Für ältere Taten braucht es Steuerbetrug. Das jetzige CS-Gesuch fällt in die zweite Kategorie.

Obwohl die Ausweitung auf Taten bis 2002 möglicherweise ein Präjudiz für nächste Gesuche ist und die zu liefernde Datenmenge erheblich ausweiten könnte, zeigen sich die Verantwortlichen zufrieden mit der Entwicklung. «Die USA haben ein Gesuch auf der Basis des geltenden Gesetzes gestellt, das ist ihr gutes Recht», sagt Mario Tuor, Sprecher des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF). «Weitere korrekte US-Gesuche würden wir ebenfalls umsetzen, aber wir sind nicht bereit, wie im Fall UBS Notrecht anzuwenden.»


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