Super-Boni für Banker

Die Finma streitet mit der UBS über Milliardenbeträge – die CS hat freie Hand. SonntagsZeitung, 17. Januar 2010

Trotz Milliardenverlust wird die Grossbank UBS ihren Mitarbeitenden einen Milliardenbonus ausschütten können. Laut zuverlässigen Quellen wird der Bonuspool für das abgelaufene Geschäftsjahr rund 3 Milliarden Franken betragen. Vor einem Jahr zahlte die Bank trotz Staatshilfe 2 Milliarden Franken Extrageld und wurde dafür heftig kritisiert.

Im Vergleich zu den Boomjahren jedoch bedeutet der 2009er- Bonus einen deutlichen Rückgang um 70 Prozent. Die Bank schüttete bis 2008 jährlich gegen 10 Milliarden Franken Boni aus; damals wurde die Summe unter 83 000 Mitarbeitern aufgeteilt, heute beschäftigt die Bank noch 69 000 Personen.

Wie schon letztes Jahr, als die Bank 20 Milliarden Franken Verlust schrieb, wollte das Management ursprünglich 4 Milliarden Franken ausschütten. Doch die Finanzmarktaufsicht erteilte diesem Wunsch wie damals eine Abfuhr. Das bestätigen zwei unabhängige Quellen. Danach schraubte die UBS ihre Ansprüche herunter. Die Zielgrösse der Finma liegt bei 3 Milliarden Franken. Sowohl UBS als auch Finma bestätigen Gespräche zum Thema Bonus. Die Grossbank wird am 9. Februar die Zahlen für das vierte Quartal und damit auch die Grösse des Bonuspools präsentieren.

Die grösste Bank der Schweiz kann die variablen Lohnanteile nicht frei festlegen. Letztes Jahr musste sie die Höhe des Bonuspools von der Finma bewilligen lassen. Das sah eine Klausel im Vertrag zur Bundesbeteiligung mit der Zwangswandelanleihe über 6 Milliarden Franken vor. Mit dem Ausstieg des Bundes im letzten Sommer verfiel diese Ermächtigung. Der weiterhin laufende Vertrag mit der Nationalbank zum Stabilisierungsfonds sieht keine solche Bewilligungspflicht vor.

Trotzdem kann die Finma über die Grösse des Bonuspools bestimmen. Warum? «Weil die Finma im Rahmen der Aufsicht über die Kapitalplanung Einfluss nehmen kann», erklärt Sprecher Alain Bichsel. Es ist der Grundauftrag der Finma, die Kunden einer Bank zu schützen. Wenn nun die UBS zu viel Geld an ihre Mitarbeiter ausschüttet, fehlt Kapital in der Bank. Bei einem massiven Finanzschock bestünde die Gefahr, dass der Bund erneut einspringen müsste. Je mehr Eigenkapital eine Bank hält, desto stabiler ist sie.
Credit Suisse ist auf gutem Weg zu einem Rekordgewinn

Die UBS weist für die ersten drei Quartale einen Verlust von 3,9 Milliarden Franken aus. Im vierten Quartal wird die Bank wieder einen (kleinen) Gewinn schreiben. Das heisst: Wenn die Bank Boni auszahlt, zehrt sie am Eigenkapital. In den ersten neun Monaten hat die Bank Rückstellungen für Bonuszahlungen in der Höhe von etwa 3,5 Milliarden Franken vorgenommen (die gesamten Personalausgaben beliefen sich auf 12,7 Milliarden).

Wenn die Finma nun höchstens 3 Milliarden Franken Bonus bewilligt, verbessert sich damit die Eigenkapitalquote der Bank. Gleichzeitig heisst das: Einer der wichtigsten Gründe, warum die Bank im vierten Quartal einen Gewinn schreibt, ist der Umstand, dass sie keine weiteren Rückstellungen vornehmen muss, beziehungsweise Rückstellungen sogar auflösen kann. Die UBS argumentiert, dass die Bank trotz grosser Verluste Boni ausschütten müsse, um gute Mitarbeiter halten zu können.

In einer wesentlich komfortableren Situation befindet sich die Credit Suisse (CS). Brancheninsider rechnen mit einem Rekordgewinn für das abgelaufene Geschäftsjahr. 2006 erwirtschaftete die CS 8,2 Milliarden Franken. Sie hat bis September bereits 12,5 Milliarden für Löhne und Boni verbucht und muss auch keine Diskussionen mit der Finma führen. Das nutzt die Bank aus und positioniert sich als attraktive Arbeitgeberin.

Ins mediale Sperrfeuer gerät die CS spätestens im April, wenn für die obersten Spitzenmanager Sonderboni ausgeschüttet werden. Dann werden spezielle, vor fünf Jahren zugeteilte Anteilsscheine, sogenannte PIPs, in Aktien umgewandelt. Diese dürfen per sofort verkauft werden.

Beim aktuellen CS-Kurs von 52 Franken und einer konservativen Schätzung des PIP-Aktienmultiplikators würde CEO Brady Dougan 64 Millionen Franken erhalten. Investment-Banking-Chef Calello käme auf 33 Millionen, Private-Banking-Chef Berchtold auf 31 Millionen und Chefjurist Rohner, der zukünftige Präsident, auf 8,3 Millionen. Ein Jahr später könnte die CS-Spitze aus einem zweiten PIP-Programm weitere Millionen einnehmen.

Der Sonderbonus ist die Folge des hohen PIP-Multiplikators. Die bis jetzt gesperrten PIPs werden bei der Wandlung in Aktien mit 0 bis 9 multipliziert. Weil die CS gute Resultate lieferte, könnte der PIP-Multiplikator unsere Schätzung von 4,5 übertreffen.

Der PIP-Multiplikator setzt sich aus einer Leistungs- und einer Marktkomponente zusammen. Die Leistung wird am Gewinn pro Aktie gemessen (per Jahresende 2009), die Marktperformance am CS-Kurs von Januar bis Ende März, beides relativ zur Konkurrenz. Fällt die CS-Aktie unter 30 Franken, verfallen die PIPs.
Die Kritik an den Bankern wird international immer lauter

PIP (Performance Incentive Plan) umfasst zwei Typen. Die PIP-1-Anteile mit einem maximalen Hebel von 9 wurden den CS-Managern Anfang 2005 für 2004 zugeteilt, jene des PIP-2 mit maximal Hebel 6 ein Jahr später. Ein CS-Sprecher verteidigt die Höhe der PIPs. «Zu einer Zeit, als Mitarbeitende unserer Konkurrenz Boni in bar erhielten und unverzüglich ausbezahlt bekamen, führten wir den langfristig gesperrten aktienbasierten PIP ein. Ziel war es, die Interessen von Mitarbeitenden und Aktionären langfristig in Einklang zu bringen.»

Für die CS kommt die Auszahlung des PIP-Bonus zum ungünstigsten Zeitpunkt. International wird die Kritik an den hohen Banker-Gehältern immer lauter. Die wichtigsten Wallstreet-Banken planen rekordhohe Gehaltszahlungen von über 140 Milliarden Dollar. Unter öffentlichem Druck reduzierte JPMorgan am Freitag diese auf 9,3 Milliarden Dollar (378 000 Dollar pro Angestellten). Bei Goldman Sachs sollen es 20 Milliarden sein. Die Bank lüftet den Schleier morgen Montag.

US-Präsident Barack Obama bezeichnete Bonuszahlungen als «schamlos». Mit einer Sonderabgabe will er die grössten Banken an den Kosten für die Bekämpfung der schwersten Finanzkrise seit den Dreissigerjahren beteiligen. Auch CS und UBS werden von Obama zur Kasse gebeten.


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