«Das war nicht einfach gaga»

Bundesrichter Bandli über den UBS-Deal. SonntagsZeitung, 24. Januar 2010

Bundesverwaltungsgerichts-Präsident Christoph Bandli sieht die einfachste Lösung im Absegnen des neuen US-Steuerabkommens, das auch die Steuerhinterziehung umfasst.

Herr Bandli, Ihr Urteil macht den US-Deal des Bundesrats zunichte. Hat die Regierung gepfuscht?

Nein. Es handelt sich um eine juristisch heikle Frage, die man unterschiedlich beantworten kann. Die Interpretation des Bundesrates hat schon Hand und Fuss, das war nicht einfach ein Gaga-Vorschlag. Die Finma-Datenherausgabe hingegen war klar illegal.

Ihr Urteil macht klar: Steuerbetrug und Steuerhinterziehung sind zwei Paar Schuhe. Genau das wollte der Bundesrat vermischen.

Der Jurist trägt eben eine eigene Brille. Mord und Diebstahl sind ja auch nicht das Gleiche. Der Bundesrat und seine Juristen hingegen standen unter immensem Druck und suchten verzweifelt nach einer Lösung im US-Steuerstreit. Wir sind nach seriöser Prüfung zu einem anderen Schluss gekommen. Das passiert häufig.

Nicht bei Fragen von staatspolitischer Bedeutung. Ihr Nein bringt das vom Bundesrat gebaute Kartenhaus zum Einsturz. Ist Ihnen das egal?

Die Politik macht ihren Job, wir unseren. Das Parlament hat es in der Hand, die Steuerhinterziehung zu einem Delikt zu erklären, das eine Datenherausgabe an die USA legitimiert. Mehr braucht es nicht zur Lösung des Konflikts.

Der Bundesrat wollte demnach den US-Steuerstreit durch die Hintertür lösen?

Hintertür sagen Sie, für mich ist die Regierung einfach nicht das zuständige Organ, um die Steuerhinterziehung dem Steuerbetrug gleichzustellen und damit das Bankgeheimnis auszuhebeln.

Dass der Bundesrat das wollte, ist fundamental. Ein Pfusch?

Ich komme zurück zur Finma-Übung. Die war widerrechtlich, das sieht jeder. Hier hingegen ist die Beurteilung weniger offensichtlich, es geht auch um heikle Völkerrechtsfragen. Deshalb mache ich niemandem einen Vorwurf.

Weil Sie selbst im letzten März den Bundesrat glauben liessen, ein Datenaustausch mit den USA sei auch bei Steuerhinterziehung möglich?

Wir sagten, dass bei Abgabebetrug Amtshilfe allenfalls auch bei schwerer Steuerhinterziehung möglich sei. Abgabebetrug bei Zöllen et cetera hat aber rein gar nichts mit einem nicht deklarierten Konto bei der UBS zu tun. Das ist eine völlig andere Kategorie.

Der Bundesrat machte Ihr Gericht mitverantwortlich für die Finma-Datenherausgabe, weil Sie zögerlich gearbeitet hätten. Wollen Sie mit Ihren Express- Urteilen das Gegenteil beweisen?

Beim ersten Amtshilfegesuch der USA hatten wir beschränkte Mittel. Fürs zweite gab uns das Parlament Richter und Gerichtsschreiber. Die machten sich nach dem Deal im August sofort an die Arbeit. Als der erste Rekurs eintraf, hatten wir die wichtigen Rechtsfragen bereits geklärt.

Hätten Sie sich nicht noch ein wenig gedulden können, bis klar ist, ob die USA anderweitig schon 10 000 UBS-Kundendaten erhalten haben? Dann könnte die UBS nicht mehr belangt werden.

Erstens weiss ich nichts darüber, zweitens ist es für unsere Arbeit irrelevant.

Hat Ihr Gericht eine offene Rechnung mit dem Justizdepartement?

Überhaupt nicht, ich war ja selbst zehn Jahre lang im Bundesamt für Justiz, und mit Justizministerin Widmer-Schlumpf ging ich im Bündnerland zur Schule. Zwischen uns gibt es keine Probleme.


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