UBS-Kunden in Torschlusspanik: Bis 20 000 zeigen sich an

US-Steuerbetrüger überrennen Steueranwälte – auch Kunden anderer Banken wollen sich stellen. SonntagsZeitung, 20. September 2009

Zürich In drei Tagen läuft die Frist ab, innert der man sich beim US-Steueramt Internal Revenue Service (IRS) selbst anzeigen kann: Wer sein Offshore-Konto bis dahin nicht deklariert hat, verliert das Recht auf Milde. Tausende melden sich. «Der Ansturm begann kurz nach dem Deal zwischen der Schweiz und den USA von Mitte August», sagte US-Anwalt William Sharp in Florida. Der Run hält an: «Allein am Montag meldeten sich zwei Dutzend Klienten, am Freitag waren es 15.» Vor zehn Tagen empfahl die UBS ihren US-Kunden, sich rasch zu stellen (siehe Ausriss). «Sollten Sie eine freiwillige Meldung erwägen, müssen Sie jetzt handeln», steht im vierseitigen Schreiben.

Mit dem Brief erfüllte die Grossbank ihre Verpflichtung, die ersten 500 von 4450 US-Kunden über die Schweizer Amtshilfe an die USA zu informieren. Sie anerbot sich darin, die Daten direkt dem IRS auszuhändigen. Anwalt Sharp sieht die US-Behörden am Ziel ihrer Wünsche. «Ausgehend von unseren Fällen und jenen in anderen Kanzleien, die mir vertraut sind, rechne ich mit weit über 10 000 Meldungen, vielleicht sind es sogar mehr als 20 000.» Darunter seien viele reiche Kunden; deshalb würden die USA gegen 80 Prozent der hinterzogenen Gelder bekommen.

Die Steueranwälte empfehlen unisono die Selbstanzeige

Gegenüber der Finanznachrichtenagentur Bloomberg sagte der New Yorker Anwalt Robert Fink, er fühle sich wie in der «Post, wo die Leute mit einer Nummer in der Hand warten» würden. «Eine solche Sintflut habe ich noch nie erlebt.»

Für die Steueranwälte ist das Selbstanzeigeprogramm der US-Behörde eine lukrative Einnahmequelle. Kein Wunder, empfehlen sie es als einzig gangbaren Weg und betonen, dass andernfalls ein Vielfaches an Busse und eventuell Gefängnis drohe.

Die US-Kunden der UBS sind nicht die einzigen, die zum IRS rennen. Jene der Neuen Zürcher Bank, die ihre Klientengelder vor allem von der ZKB verwalten liess, sollen sich ebenfalls fast ausnahmslos dem IRS gestellt haben, sagt ein Zürcher Banker. Von der ZKB war am Samstag keine Auskunft erhältlich.

Im Fokus stehen auch die Credit Suisse, der Schweizer HSBC-Ableger und Julius Bär, die alle mehrere Milliarden US-Kundengelder verwalteten. Laut Bloomberg stellten sich die Kunden dieser Banken dem IRS ebenfalls.

Parallel dazu fährt die Schweiz ihre Maschinerie zur Abwicklung der Amtshilfe hoch. Die SonntagsZeitung weiss von einem Aufruf des Schweizerischen Anwaltsverbands, sich bei entsprechender Qualifikation und Interesse zu melden. Innert vier Tagen bewarben sich 120 Anwälte um mögliche US-Kunden, die sich im Amtshilfeprozess vertreten lassen möchten. «Das freut uns», sagt Vizepräsident Beat von Rechenberg, «denn die Schweizer Anwälte können nun ihre Fähigkeiten in einem weltweit stark beachteten Fall unter Beweis stellen.» Jetzt fehlen nur noch die Aufträge. Bis zum Freitag hat sich noch kein einziger US-Kunde beim Verband gemeldet.


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