Julius Bär vermied Riesenabschreiber

Trennung vom Vermögensverwalter GAM beflügelt die Zürcher Privatbank. SonntagsZeitung, 11. Oktober 2009

Die Trennung von Schwes-ter GAM beflügelt die Zürcher Privatbank Julius Bär . Ihre Aktie ist seit der Separierung vor Wochenfrist um über 10 Prozent gestiegen. Jetzt wird der Grund für die Trennung klar. GAM war für Bär zum Mühlstein geworden. Es hätte ein grosser Goodwill-Abschreiber auf GAM gedroht, sagte ein Bär -Manager kürzlich im kleinen Kreis.

Intensive Diskussionen über den Wert der GAM

Bereits 2008 gab es intensive Diskussionen zwischen Management und der Revisionsgesellschaft KPMG, wie eine zweite Quelle bestätigt. KPMG akzeptierte zuletzt den GAM -Wert, berechnet nach einem Modell «auf der Discounted Cashflow-Methode», wie im Jahresbericht steht.

Im Frühling kam der VR offenbar zum Schluss, dass man das Risiko nicht weiter tragen will. GAM stand mit 2,1 Milliarden in den Büchern. Der Abschreiber hätte gross sein können.Die Rechnung geht wie folgt. Die seit 1. Oktober kotierte GAM ist an der Börse 2,8 Milliarden Franken wert. Darin inbegriffen ist ein Anteil am US-Assetmanager Artio, Wert 260 Millionen. Es verbleiben gut 2,5 Milliarden Franken Börsenwert für GAM . Diesen stehen eigene Mittel von 900 Millionen Franken gegen-über. Auf diese kommt man, wenn man vom ausgewiesenen Eigenkapital von 3 Milliarden den erwähnten Goodwill von 2,1 Milliarden abzieht.

Nun kann verglichen werden: 900 Millionen Franken Eigenmittel gegenüber 2,5 Milliarden Börsenwert ergibt einen aktuellen Goodwill von bloss 1,6 Milliarden. Das bedeutet, dass vom ausgewiesenen Goodwill eine halbe Milliarde Franken nicht unbedingt werthaltig sind.

Mitten im Finanzorkan Ende 2008 dürfte eine Goodwill-Korrektur noch akuter gewesen sein. Trotzdem kam das Management ohne Abschreiber durch. Ein Bär -Sprecher bestätigt, dass es lange Diskussionen um den GAM -Goodwill gegeben habe: «Das war aber nur einer von vielen Gründen für die Separierung», sagt Jan Bielinski. «Eine solche strategische Weichenstellung fällt man ja nicht aus einer Buchhaltungsperspektive.»Doch der Wechsel von der Zwei- zur Einbeinstrategie war brüsk. Noch am 18. März wollte Präsident Raymond Bär in der Zeitung «Finanz und Wirtschaft» nichts von einer Aufspaltung wissen: «Wir ziehen es vor, diversifiziert zu sein. Ein sogenanntes Pure Play hat auch seine Risiken.»

Neun Wochen später lobte er die Aufspaltung. Beide Einheiten könnten «von ihrem intensivierten Fokus und der Vermeidung von Interessenkonflikten nur profitieren».

Nun müssen sich GAM -CEO David Solo und GAM -Holding-Präsident Johannes de Gier um den hohen Goodwill kümmern.

Der Bank Bär bleiben andere Probleme. Die diese Woche für netto 350 Millionen gekaufte ING-Schweiz-Tochter muss in eine komplexe IT-Landschaft integriert werden. Neben einem eigenen System in Zürich setzt die Bank in Singapur und den Cayman Island auf Fremdsoftware.

Verluste in Lateinamerika, Rückzug aus US-Geschäft

Zudem schreibt Bär laut einem Insider Verluste in Lateinamerika und will sich aus dem riskan- ten US-Geschäft zurückziehen. Frankreich und Benelux brächten wenig. Stark sei Bär einzig in der deutschen Schweiz, im Tessin mit italienischen Kunden und in Asien.

Bär verwaltet rund 160 Milliarden Franken Vermögen – zu wenig für einen langfristigen Alleingang. Die englische Barclays erklärte jüngst, sie plane den Kauf einer Vermögensverwalterin in der Grösse von Bär «oder grösser». Laut Bär -Sprecher Bielinski bleiben «ein paar 100 Millionen Franken Überschusskapital, das wir für organisches Wachstum oder passende Zukäufe ver- wenden».


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