Grosse Ehre für einen Schweizer in Deutschland

Beat Balzli – Der 43-jährige «Spiegel»-Redaktor wird «Wirtschaftsjournalist des Jahres». Tages-Anzeiger, 28. Dezember 2009

Der Kreis schliesst sich. Beat Balzli kam vor 43 Jahren in Hamburg zur Welt, wuchs in Luzern auf, studierte Ökonomie in Bern und Paris und machte nach seiner Zeit in verschiedenen Schweizer Redaktionen Karriere beim «Spiegel», dem deutschen Nachrichtenmagazin aus Hamburg. Nun zeichnen ihn die Leser des deutsch-sprachigen Branchenmagazins «Wirtschaftsjournalist» zum «Wirtschaftsjournalisten des Jahres» aus.

Vor Balzli haben andere Schweizer für die Printikone des Nordens gearbeitet. Doch keiner reüssierte da, wo der «Spiegel» traditionell am stärksten ist: der harten Recherche. Sie macht das Wochenmagazin mit rund einer Million Auflage zur Lieblingslektüre vieler Deutschen und Schweizer.

Von Balzlis Recherchiertalent wusste man in Hamburg wenig, als der grosse Blonde mit der markanten Brille Anfang 2000 in der Redaktion aufkreuzte. Als Journalist des inzwischen eingestellten Schweizer Nachrichtenmagazins «Facts» durfte Balzli ein Praktikum beim «Spiegel» absolvieren. Meist enden solche Einsätze mit einem netten Dankeschön.

Nicht bei Balzli. Der Schweizer, der 1997 die Holocaust-Bankenaffäre im Buch «Treuhänder des Reichs» festhielt und die verschmutzten «Sulzer»-Hüftgelenke aufdeckte, hinterliess in der kurzen Zeit nachhaltigen Eindruck. Beim Abschied meinten die «Spiegel»-Leute, er solle sich eine feste Anstellung überlegen.

«Ich hatte Glück», relativiert Balzli seine Leistung. «Zwei exklusive Geschichten brachten mich auf der Redaktion ins Spiel.» Als Balzli wenig später ein anderes Jobangebot erhielt und nachfragte, ob eine Verpflichtung noch ein Thema sei, bat ihn «Spiegel»-Chefredaktor Stefan Aust schon am Folgetag zu sich und drückte ihm einen Vertrag in die Hand.

2001 legte Balzli los. Recherchieren konnte er, doch gewartet hatte niemand auf den Schweizer. «Hier kämpft man nicht nur gegen andere Zeitungen um die beste Story, sondern auch intern um den knappen Platz im Heft», blickt Balzli zurück. Während früher jeder Text willkommen war, musste sich Balzli beim «Spiegel» ins Blatt kämpfen. Im internen Schaulaufen half ihm sein Selbstvertrauen. Das ist derart ausgeprägt, dass ihn manch einer als eingebildet empfindet. So ernst, wie es den Anschein macht, nimmt sich Balzli aber nicht.

Doch was ist seine Spezialität? Was macht den Schreiber aus? Jeder «Spiegel»-Redaktor benötige «einen eigenen Garten», sagt Balzli. Bei ihm wurde dies die Finanzindustrie. Und plötzlich deckte Balzli nicht mehr nur Skandale auf, sondern erklärte auch Branchenmechanismen.

Nach drei Jahren beim Magazin wurde der Schweizer einer von 800 Personal-Anteilseigner, die sich je nach Dienstzeit, Alter und Stellung 50 Prozent des Gewinns aufteilen. «‹Der Spiegel› ist ein grosszügiger Arbeitgeber, doch die Gewinnbeteiligung für die Mitarbeiter sollte nicht überschätzt werden», relativiert Balzli.

Einer allfälligen Heimkehr würde sie wohl nicht im Weg stehen. «Die Schweiz ist ein tolles Land und befindet sich gerade in einer interessanten Umbruchphase», bringt sich der preisgekrönte Wirtschaftsjournalist für hiesige Aufgaben ins Spiel.


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