«Schweizer Banken werden am stärksten profitieren»

OECD-Steuerchef Jeffrey Owens über die Zukunft der Offshore-Finanzplätze

OECD-Steuerchef Jeffrey Owens hat die Schweiz zum Einlenken beim Bankgeheimnis gebracht. Er prophezeit, dass ihre Banken dereinst als grosse Sieger aus dem Umbruch hervorgehen werden. SonntagsZeitung, 8. November 2009

Herr Owens, begrüssen Sie die Wildwest-Methoden Italiens gegen den Offshore-Finanzplatz Schweiz?

Die Schweiz ist kein Offshore-Paradies, Sie können sie nicht mit Panama vergleichen. Als grosser Finanzplatz verwaltet sie sowohl viel inländisches als auch ausländisches Geld. Aber es gelten neue Regeln im Informationsaustausch für Steuerzwecke. Viele Länder, einschliesslich Italien, werden versuchen, diese zu nutzen.

Nicht alle gehen so brutal vor.

Ob Wildwest oder Afrika, spielt für mich keine Rolle. Jedes Land will seine Bürger mit unversteuerten Vermögen im Ausland dazu bewegen, diese freiwillig offenzulegen. Das ist legitim. Einzelne Massnahmen bestimmter Mitgliedsstaaten kann ich als OECD-Vertreter nicht kommentieren.

Warum nimmt die OECD nicht den US-Bundesstaat Delaware ins Visier, der gemäss neuesten Studien intransparenter als die Schweiz ist?

Wir analysieren über hundert Finanzplätze und schauen, ob sie unseren Standards genügen. Ob OECD-Mitglied, gross, klein, was auch immer, spielt keine Rolle. Wir diskriminieren niemanden.

Delaware und Hongkong kamen ungeschoren davon.

Wir werden alle unter die Lupe nehmen, auch US-Bundesstaaten, Hongkong, alle. Es geht darum, weltweit für gleich lange Spiesse zu sorgen.

Sie sagen oft, dass das Bankgeheimnis kein Problem sei, gleichzeitig zwangen Sie die Schweiz zur Aufgabe ihres früheren Bankgeheimnisses.

Jedes Land hat eine bestimmte Form von Bankgeheimnis und kennt den Schutz der Privatsphäre. Entscheidend ist allein, dass dies nicht als Schutzschild missbraucht wird, um Steuerhinterzieher zu decken.

Sie haben die Schweiz von ihrer Grauen Liste gestrichen, weil sie zwölf Abkommen nach dem OECD-Standard unterzeichnet hatte. Das wirkt zufällig.

Die Zahl zwölf ist lediglich ein Ausgangspunkt. Auf die Qualität kommt es an. Die Schweiz hat mit wichtigen Ländern wie den USA ein neues Abkommen unterzeichnet, nicht einfach mit Offshore-Ländern. Nun geht es darum, dass sie den Standard innerstaatlich umsetzt und anwendet.

Was ist Ihr Kriterium dafür?

Informationsersuchen einer ausländischen Vertragspartei müssen rasch beantwortet werden. Und sie müssen auch jenen Ländern zukommen, die am meisten Interesse an einem Informationsaustausch haben.

Sie sprechen oft von «schädlichem» Steuerwettbewerb. Was meinen Sie damit?

Wenn die Welt global wirtschaftet, braucht es Regeln. In Steuersachen definierten wir 1998 den fairen Wettbewerb mit «transparent», «kooperativ» und für «alle gleich». Zu Beginn hatten 60 Staaten ein schädliches System, heute sind es viel weniger. An der Schweiz kritisierten wir vier Punkte. Die sind inzwischen alle vom Tisch.

Hierzulande reibt man sich immer noch die Augen, wie rasch das alte Bankgeheimnis gefallen ist. Wie lautet Ihre Erklärung?

Dass Offshore-Gelder versteuert werden müssen, hat sich international als Standard durchgesetzt. Die Schweizer Banken werden davon am stärksten profitieren.

Inwiefern?

Ich war kürzlich in Asien. Viele Bankkunden sagten mir, dass für sie hohe Servicequalität und politische Stabilität für eine Offshore-Geldanlage entscheidend seien. Die Schweizer Banken bieten einen Premiumservice, und ihr Land ist sicher und stabil. Von den gleich langen Steuer-Spiessen wird der Schweizer Finanzplatz deshalb am stärksten profitieren.


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