Vom Fiskus Verfolgte retten sich in Lebensversicherungen

Neuartige Policen bieten Steuervorteile, sind aber nur für Millionäre gedacht. (SonntagsZeitung, 2. März 2008)

Offiziell markieren Schweizer Bankiers Gelassenheit. «Es gibt nichts Neues zu sagen», meint der Bankiervereinigungs-Sprecher Thomas Sutter. Hinter den Kulissen herrscht aber seit der deutschen Steueroffensive auf Liechtenstein auch im Bankenland Schweiz Alarmstufe rot. «Wir müssen geeint und lautstark gegen den Angriff aus Deutschland auftreten, und zwar sofort», sagt ein Genfer Privatbankier, der sich aber nicht namentlich zitieren lässt.

Von geeintem Hinstehen kann derzeit noch keine Rede sein. Der Graben zwischen den grossen Instituten, die aufs Onshore-Banking setzen, und den kleineren Privatbanken, die sich kein Auslandsnetz leisten können, geht tief. Noch pocht der Finanzplatz aber auf die im Ausland so verpönte messerscharfe Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug.

Diese Differenzen zwischen der Schweiz und Liechtenstein einerseits und der EU andrerseits sind nicht neu. Warum also nimmt die EU das Bankgeheimnis erneut ins Visier? Die Antwort hängt mit der Innovationskraft der Schweizer Finanzindustrie zusammen. Besonders beliebt bei den vom Fiskus verfolgten Vermögenden ist derzeit ein Produkt der Lebensversicherungen. Es geht dabei um Policen, in die das bei Banken liegende Kapital der Versicherten eingewickelt wird und das grosse Steuervorteile bietet.

Das investierte Geld bleibt auf Konti und Depots der Banken

Führend im Geschäft dieser «Wrapper» ist Swiss Life , Nummer eins der Schweizer Lebensversicherer. Von ihren über 20 Milliarden Franken Prämieneinnahmen fällt bereits rund ein Sechstel auf die «Private Placement Life Insurance», Tendenz steigend. Nach Niederlassungen in Liechtenstein und Luxemburg eröffnet Swiss Life diesen Monat eine Tochtergesellschaft in Singapur für die rasch wachsende asiatische Kundschaft.

Bei den neuartigen Policen, die sich ausschliesslich an Kunden mit einem Millionenvermögen richtet, bleibt das investierte Kapital auf den Konti und Depots der Banken liegen. Es wird lediglich für eine bestimmte Laufzeit, meistens 10 und mehr Jahre, in den Mantel einer Lebensversicherung gepackt. Während dieser Zeit geht das Kapital ins Eigentum der Versicherung über, auf deren Namen auch die Erträge anfallen. Der Kunde geniesst Versicherungsschutz und erhält das Geld nach Ablauf als Einmalzahlung zurück.

«An unseren Lösungen schätzen die Kunden besonders die weit reichende Freiheit bei der Nachlassplanung, den Vermögens- und Anlegerschutz, der ihnen von Gesetzes wegen zusteht, sowie die Diskretion, die ihnen auf Grund des Versicherungsgeheimnisses gewährt wird», begründet Irene Fischbach von Swiss Life den anhaltenden Erfolg des Angebots.

Schwarzgeld kann elegant in Weissgeld verwandelt werden

Insbesondere die Diskretion gibt in Finanzkreisen zu reden. Weil das Eigentum am Vermögen an die Versicherung übergeht, ist bei den Banken, die das Geld verwalten, oft nicht mehr der Endkunde als wirtschaftlich Berechtigter registriert, sondern die Gesellschaft. Diese wird dann im Formular A der Banken eingetragen, womit der Kunde im Fall von Rechtshilfe fürs Ausland verborgen bleibt.

Der temporäre Eigentumsübertrag hat aber einen noch stärker umstrittenen Vorteil. Handelt es sich beim Vermögen des Kunden um Schwarzgeld, das auf Schweizer Banken liegt, kann dieses mittels Versicherungs-Wrapper elegant in Weissgeld verwandelt werden. Erhält der Kunde nämlich sein Geld nach zehn oder mehr Jahren in Form einer Einmalauszahlung zurück, geniesst er Verjährungsschutz auf das ursprünglich in die Versicherung einbezahlte Kapital. Lediglich den in der Zwischenzeit angefallenen Vermögenszuwachs muss er versteuern.

Der deutsche Steuerexperte Johannes Fiala bezeichnet die Gefahren der Erfolgspolicen im Manager-Magazin als erheblich. «Denn sollten der Steuerprüfer oder ein Gericht später einmal die Auffassung vertreten, bei einem Liechtensteiner Lebensversicherungsmantel handelt es sich um ein laufend steuerpflichtiges Investment, dann hat der Anleger ein erhebliches Problem.»

Nicht nur wegen der hohen Rechnung des Steuervogts. Fällt der Verjährungsschutz dahin, ist der Traum vom gewaschenen Schwarzgeld geplatzt.


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