UBS-Chefs verstanden Krise nicht

Bank will EBK-Bericht demnächst publizieren. (SonntagsZeitung, 20. April 2008)

Der Titel wirkt unspektakulär, die Namen der betroffenen Banken sind anonymisiert. Doch der Bericht «Beobachtungen zur Risk-Management-Praxis während der jüngsten Marktturbulenzen», den die Aufseher der wichtigsten Finanzmärkte kürzlich erstellten, spricht Klartext. Jene Grossbanken, die wie die UBS Dutzende von Milliarden Dollar Verluste im aufgeblähten US-Hypothekenmarkt erlitten, sind nicht Opfer einer Naturkatastrophe geworden. Vielmehr hatte das oberste Management wenig Ahnung von den eingegangenen Risiken, und es ignorierte Warnsignale aus dem Innern.

Damit widersprechen die Aufseher der These der UBS-Verantwortlichen, wonach die Subprime-Krise nicht vorhersehbar gewesen sei. Stattdessen kommen die neutralen Risk-Experten zum Schluss, dass menschliches Versagen entscheidend für die Krise war.

Die UBS wird in den nächsten Tagen ihre eigene Version der Geschehnisse publizieren, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Es handelt sich um eine Zusammenfassung der Antworten, welche die Bank der Aufsichtsbehörde EBK Ende März eingereicht hatte. Bisher haben die Verantwortlichen lediglich eingeräumt, dass sie einzelne Märkte falsch eingeschätzt hätten. Dass sie auch Warnungen ig- norierten und nicht über das nötige Rüstzeug zur Einschätzung der riesigen Positionen im US-Markt verfügten, davon wollten sie bis heute nichts wissen.

Statt auf eigene Leute verliess man sich auf Rating-Agenturen

Der 22-seitige Report der Auf- sichtsämter der fünf wichtigsten Finanzmärkte stammt vom 6. März und blieb bisher weit gehend unbeachtet. Warum kamen einige Grossbanken in der laufenden Kreditkrise mit einem blauen Auge davon, während andere faktisch bankrott waren, fragten sich die Experten. Seit Herbst untersuchten sie elf Finanzmultis in den USA, England, Deutschland und Frankreich sowie in der Schweiz CS und UBS. Ihr Befund: Die Institute unterschieden sich in der Qualität des obersten Managements, dem Verständnis für die eingegangenen Risiken und der Vorbereitung auf unerwartete Krisen.

Interne Risk-Spezialisten hatten bei Banken, die inzwischen riesige Verluste erlitten, frühzeitig Stresstests gefordert, welche das Verlustrisiko bei dramatischen Preiseinbrüchen aufzeigen sollten. Dabei sei es schwierig gewesen, das oberste Management und die Bereichsleitung zu überzeugen, solche Stress-Szenarios «zu unterstützen und ihren Resultaten die nötige Aufmerksamkeit» zu verleihen, schreiben die Prüfer. Statt ihren eigenen Leuten zu glauben, verliess sich das Topmanagement lieber auf das Gütesiegel der Rating-Agenturen, das rückblickend wertlos war. Das blinde Vertrauen stehe in «schar- fem Kontrast zum hoch entwickelten Prüfprozess bei der übrigen Kreditvergabe», zeigen sich die Prüfer erstaunt.

Chefs der Verlustbanken hatten zu wenig Erfahrung

Während die obersten Chefs von Credit Suisse und Deutsche Bank die hohen Positionen im amerikanischen Wohnimmobilienmarkt noch rechtzeitig abbauten, trieben die UBS-Manager ihre Fronteinheiten zu immer höheren Einsätzen an. «Der Fokus auf Wachstum ohne adäquaten Fokus auf Kontrollen führte zu substanziellen Positionen und Liquiditätsrisiken, die nicht richtig erkannt wurden», heisst es im Bericht.

Die Chefs der Verlustbanken hatten nicht einfach Pech gehabt, sondern zu wenig Erfahrung, glauben die Regulatoren. Im Vergleich zu ihren erfolgreicheren Berufskollegen «verfügten sie nicht über den gleichen Erfahrensschatz in Kapitalmärkten und gaben keine schnellen, bestimmten und disziplinierten Antworten». Es gehe nicht darum, dass in Zukunft Risk- und Handels-Spezialisten die Banken leiten würden. Aber die Teams an der Spitze müssten über Leute mit diesem Knowhow verfügen, fordern die Regulatoren. Die UBS hat schon reagiert und holt den Engländer David Sidwell, Ex-Finanzchef von Morgan Stanley, in den Verwaltungsrat. Weitere Bankexperten sollen folgen, verspricht der designierte Präsident Peter Kurer. Verschiedene Verwaltungsräte sind dann bereit, ihre Posten zu räumen.


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