Konzernspitze richtet das Schiff neu aus

Die Grossbank UBS will zu ihren Wurzeln zurückkehren: «Wir lassen das Modell der integrierten Bank hinter uns», sagt VR-Präsident Peter Kurer. Handelszeitung, 13. August 2008

Firmenpräsidenten tauchen in Krisenzeiten an Anlässen auf, die sie sonst ihren CEO überlassen. Auch bei der angeschlagenen Grossbank UBS: Mit kürzeren Haaren und milder Alu- statt markanter Hornbrille trat Peter Kurer, der seit gut 100 Tagen die Grossbank präsidiert, zur Präsentation der 2.-Quartals-Zahlen der UBS an. «Das gibt eine komplette Transformation unserer Bank, die bis Ende 2009 vollzogen sein wird und die ich persönlich überwache», verspricht Kurer.

Damit meint er vor allem die Aufteilung der Bank in drei rechtlich und führungsmässig autonome Divisionen: Eine Vermögensverwaltung, eine Investmentbank und ein Asset Management für Profikunden wie Pensionskassen und andere institutionelle Anleger.

Kaum verwunderlich, führte Kurers Ankündigung sogleich zu Spekulationen über die Zukunft der Investmentbank. Im Gespräch mit der «Handelszeitung» sagt Kurer: «Wir lassen das Modell der integrierten Bank hinter uns.» Das sei ein grosser Schritt. Wohin dieser führe, sei vorläufig offen. «Wir schaffen jetzt zuerst einmal klarere Verantwortlichkeiten und eine Führungsstruktur, die es dem CEO erlaubt, die einzelnen Divisionen bilateral zu führen.»

Rasche Kehrtwende

Das Thema der Fokussierung auf die Vermögensverwaltung steht im Zentrum dieser Weichenstellung. Lanciert hat sie vor einigen Monaten Ex-UBS-CEO Luqman Arnold, der inzwischen 2,5% der Bank besitzt. Nun hat UBS-Präsident Kurer diesen Ball aufgenommen. «Wenn wir in zwei Jahren merken, dass eine Aufspaltung der Bank noch mehr Werte für die Aktionäre schafft, dann machen wir das. Andernfalls bleiben wir beim jetzigen Modell. Wir werden das völlig nüchtern im Interesse der Eigentümer betrachten.»

Die Trendumkehr weg vom allumfassenden Bankkonzern geschah rasch und deutlich. Jahrelang hatte die UBS-Führung unter dem Duo Marcel Ospel/Peter Wuffli das Modell der integrierten Bank als entscheidend für den Erfolg der Gruppe gepriesen. Auch die lange in zwei Teile gespaltene Konkurrentin Credit Suisse – hier die globale Vermögensverwaltung mit stolzen Gewinnen, dort die volatile Investmentbank unter dem früheren Namen First Boston – eiferte der damals führenden UBS nach und setzte ab 2004 ebenfalls auf das One-Bank-Modell. Die CS ist mit ihrem integrierten Modell bisher vergleichsweise wenig beschädigt durch die Stürme an den Finanzmärkten gesegelt.

Auch UBS-Präsident Kurer sagte noch vor wenigen Wochen der Mitarbeiterzeitschrift «Our Times», dass das integrierte Modell zwar einer strategischen Überprüfung unterzogen, aber kaum über Bord geworfen würde. «Es ist unerlässlich, dass wir nochmals einen langen, harten Blick auf unsere Strategie werfen», sagte er. «Das heisst noch nicht, dass wir sie verändern werden, aber wir müssen nochmals darauf schauen.»

Wie erfolgversprechend wäre eine Abspaltung mittels eventuell späterem (Teil-)Verkauf des Handels- und Beratungsbereichs für eine globale Klientel? Die Meinungen divergieren. UBS-Kritiker wie Wegelin-Privatbankier Konrad Hummler, der die Ausmasse der globalen Kreditkrise frühzeitig beschrieben hatte, sehen in einer allein auf die Vermögensverwaltung fokussierten UBS eine für die Aktionäre wertvollere Firma.

Solche Ideen sind die Folge der grossen Risiken, die im Fall der UBS-Investmentbank bereits zu 45 Mrd Fr. Verlusten geführt haben. «Hinter diesen Kritiken dürfte der Zweifel stehen, dass wir die Risiken in diesem Geschäft nicht managen können», sagt Kurer. «Wenn wir mit unserem neuen Modell beweisen, dass wir die Risiken in den Griff kriegen, wird auch diese Kritik relativiert und hoffentlich verstummen.»

Bleibt die Frage nach der Grösse der UBS in den USA, wo die Havarie des «Schweizer Tankers» passierte und neben den horrenden Verlusten der Investmentbank auch die Vermögensverwaltung durch Mithilfe zu Steuerumgehung schweren Schaden genommen hat. «Wir müssen sicherlich unsere USA-Positionen kritisch überprüfen», sagt er im Gespräch.

Kurer: «Brauchen klare Visionen»

Zwei Probleme würden sich bei einem allfälligen US-Ausstieg stellen. Das Investment Banking ist global und wäre ohne US-Standbein kaum zu betreiben, und für die grösste Vermögensverwalterin der Welt wäre ein weisser Fleck im wichtigsten Finanzmarkt problematisch. Kurer legt Block und Bleistift zur Seite, die er für Strukturzeichnungen benutzte. Für ihn ist das Engagement seiner Bank im US-Markt nicht in Stein gemeisselt. «Wir brauchen klare Visionen. Aber wir wollen nicht von der theoretischen Aspiration leben.»

Nachgefragt: Marcel Rohner, CEO UBS

Wann kehrt die UBS in die schwarzen Zahlen zurück?

Marcel Rohner: Vor einigen Monaten antwortete ich auf dieselbe Frage: In einem Jahr wird die UBS wieder Gewinne schreiben. Das passt zur Aussage unseres Präsidenten. Es gibt zwar immer einen Rest von Unsicherheit. Aber das Ziel lautet, unser Geschäft zurück auf die Schiene zu bringen.

Wann stoppt die UBS den starken Vermögensabfluss?

Rohner: Das ist schwer zu sagen. Wir wollen alle Geschäftsbereiche zurück in die Gewinnzone bringen, dafür arbeiten wir hart. Heute haben wir eine gewisse Sicherheit, was die Ausstattung mit Kapital und die deutlich kleinere Risiko-Exponiertheit angeht, beides wichtige Elemente, um das Kundenvertrauen zurückzubringen. Das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen ist unser Hauptfokus in diesem Moment.

Der Vermögensabfluss war im April besonders stark. Wie hat er sich im Juli entwickelt?

Rohner: Schon quartalsweise Rechenschaft abzulegen ist schwer genug. Ich möchte nicht auch noch Monatsprognosen abgeben.

Sie sagen, ein Verkauf eines Bereichs, etwa der Investmentbank, sei kein Thema. Und später?

Rohner: Wir haben derzeit keine Verkaufsabsichten. Die Aufteilung in drei eigene Einheiten schafft mehr Flexibilität, das ist alles.

Sie wollen 5500 Stellen streichen. Gibt es weitere Abbaupläne?

Rohner: Der Abbau von weltweit 5500 Stellen sollte bis Mitte 2009 vollzogen sein. In der Schweiz rechneten wir mit Entlassungen von 200 Angestellten. Diese Zahl könnte sich erhöhen, allerdings nur leicht. Wenn wir so weit sind, informieren wir detaillierter.


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