Die UBS ist unverkäuflich

Niemand ist an einer Übernahme der Bank interessiert – trotz Unterbewertung. SonntagsZeitung, 23. November 2008

An der Börse ist die UBS noch gut 33 Milliarden Franken wert – das Eigenkapital beträgt jedoch über 42 Milliarden. «Ist das Eigenkapital höher als der Börsenwert, ist das normalerweise eine Chance für einen Käufer», sagt Buchhaltungsexperte Max Boemle. Eine solche Unterbewertung ruft in der Regel Übernahmeinteressenten auf den Plan. In den letzten Tagen kamen denn auch Gerüchte auf, genannt wurde etwa die britische HSBC. Doch in der aktuellen Finanzkrise scheint nichts mehr normal. Boemle: «Es gibt schlicht keine Käufer.»

Ein solcher übernimmt nicht nur die heutige Substanz, sondern auch die Chancen und Risiken – und letztere sind im aktuellen Marktumfeld gross. Je mehr Probleme ein zukünftiger Besitzer übernehmen würde, desto tiefer der Preis, den er zu zahlen bereit ist. Der unter dem Buchwert liegende Börsenwert signalisiert, dass der Markt mit einer weiteren Rekapitalisierung rechnet. Damit kämen die Aktionäre an die Kasse, weshalb der Verkaufsdruck weiter auf der Aktie lastet.

UBS -Sprecher Christoph Meier relativiert die Aktienschwäche seines Unternehmens. «Die Aktien praktisch aller grosser Finanzdienstleister stehen unter Druck. Die UBS zählt dazu, fällt aber nicht aus dem Rahmen.» Tatsächlich: Die Deutsche Bank, die bisher Gewinne schrieb, ist nur noch 17 Milliarden Franken wert. US-Finanzgigant Citigroup, die weltgrösste Bank, bringt nach einem dramatischen Absturz in den letzten Tagen noch 25 Milliarden auf die Waage. Der Börsenwert der Credit Suisse ist ebenfalls unter den Buchwert gefallen. Alle sieben Finanztitel des Swiss- Market-Index sind zusammen weniger wert als Roche allein (siehe Grafik). «Dank dem Massnahmenpaket mit dem Bund und der Nationalbank hat sich unsere Lage stabilisiert», sagt Banksprecher Meier, «die Altlasten sind von der Bank entfernt, ein dunkler Schatten ist weg.»

Die jüngste Entwicklung gibt den Kritikern des Hilfspakets Auftrieb. Warum übernimmt die Nationalbank für 60 Milliarden illiquide Wertpapiere der UBS , wenn man an der Börse für den halben Preis die ganze Bank kaufen könnte? Das Dilemma: Ein Besitzerwechsel ändert nichts an der möglicherweise mangelnden Kapitalausstattung. Der Staat wäre nicht in einer grundsätzlich anderen Situation wie ein privater Käufer. Selbst wenn die UBS am 16. Oktober in Staatsbesitz gewesen wäre, hätte es das Hilfspaket gebraucht, um die Kapitalausstattung der Bank zu stabilisieren.

«Giftpille» schützt vor unfreundlicher Übernahme

Neben den Risiken gibt es weitere Gründe, warum die UBS derzeit nicht übernommen werden kann. So wurde im Hilfspaket ein Übernahmeschutz eingebaut: Die 54 Milliarden Dollar, welche die SNB der UBS für faule US-Wertpapiere zahlt, müssen bei einem Verkauf der Grossbank zurückbezahlt werden. «Eine eindeutige ‹Poison pill›», sagt Max Boemle, « UBS -Management und neu die Schweiz als Mitbesitzerin haben einen Schutz vor ungewollten Übernahmen.» Die Giftpille, welche die UBS -Chefs vor einer unfreundlichen Übernahme schützt, kann für die Bankaktionäre und die Steuerzahler zum Nachteil werden, sollte ein Käufer ein deutlich über dem Aktienkurs liegendes Angebot machen. Allerdings war diese Klausel politisch zwingend: Man stelle sich vor: Der Bund saniert die UBS , damit die Aktionäre sie dann ins Ausland verscherbeln.

An der UBS interessierte Konkurrenten würden an der Aufsichtsbehörde scheitern. Schon im Fall Lehman Brothers verweigerte die britische Bankenaufsicht der Barclays Bank die Übernahme. Es ist unvorstellbar, dass sie beispielsweise der HSBC jetzt erlauben würde, die UBS mit all ihren Risiken zu übernehmen.

Der anhaltende Niedergang der Bankaktien legt nahe, dass die Staaten den wichtigsten Banken weitere Kapitalspritzen verabreichen müssen. Als Nächstes ist wohl die Citigroup an der Reihe. Glaubt man der Börse, sind aber auch die Schweizer Grossbanken noch nicht aus dem Schneider.


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