Die UBS findet auf dem Rechtsweg stets einen Ausweg

Prozesse in der Schweiz gewinnt in der Regel die Grossbank. Jürg Marquard wurde trotz Niederlage entschädigt, Kleine gehen leer aus. SonntagsZeitung, 14. September 2008Selbst Kunden mit Geld und Macht ziehen gegen ihre Bank in der Regel den Kürzeren. Prominentes Beispiel ist der Zürcher Jürg Marquard. Der 63-jährige Verleger verlor einen Prozess gegen die UBS vor dem Zürcher Bezirksgericht, den er nach Vermögensverlusten in zweistelliger Millionenhöhe vor vier Jahren angestrengt hatte.

«Die Schweizer Gesetze garantieren den Banken einen weitreichenden Schutz gegen Klagen», sagt Jürg Marquard, «dessen sollte man sich bewusst sein, wenn man klagen will.»

Vergangene Woche machte die SonntagsZeitung die erste Klage gegen die UBS in der Schweiz publik. Die Grossbank hatte risikoschwachen Kunden Anlagen in Absolute Return Bond Funds empfohlen. Inzwischen büssten diese Papiere rund ein Drittel des ursprünglichen Wertes ein.

Jeder zehnte Ombudsfall endet mit Entgegenkommen der Bank

Multimillionär Marquard zog seinen Fall ans Obergericht weiter. Die Bank habe ihre Sorgfaltspflichten verletzt, argumentierte der erfolgreiche Unternehmer, der zahlreiche Jugend- und Modezeitschriften verlegt. Der Aufwand machte sich bezahlt, Ende 2006 einigten sich die Parteien auf eine Entschädigung. Diese liege weit unter seiner einstigen Forderung, sagt Marquard, der die UBS im Vorfeld des Prozesses auf über 32 Millionen Franken betrieben hatte.

Trotz seines Teilerfolgs bezeichnet Marquard den Rechtsweg gegen Banken als «schwierig und langwierig». Würde er ihn wieder begehen? «Ich persönlich schon, ich habe das Naturell eines Kämpfers», sagt Marquard. Mit der UBS verstehe er sich gut, auch wenn er nicht mehr Kunde der Grossbank sei. «Vielleicht kehre ich eines Tages zurück», sagt er.

Basis für Klagen bietet das Bankengesetz von 1995. Dieses verpflichtet die Finanzinstitute in der Schweiz, ihre Kunden über Risiken und Eigenschaften der angebotenen Produkte zu informieren. In der Broschüre «Besondere Risiken im Effektenhandel», die soeben neu aufgelegt wurde, warnt die UBS im Kapitel über strukturierte Produkte: «Es ist von grösster Bedeutung, dass Sie sich genau über die Risiken informieren (…).»

«Wir informieren aktiv und detailliert über mögliche Risiken», sagt UBS-Sprecher Christoph Meier. «Das ist uns wichtig, und es ist auch unsere Pflicht.» Die Bank strebe «eine partnerschaftliche Beziehung» zu den Kunden an und wolle Differenzen «im Gespräch» bereinigen. «In fast allen Fällen gelingt dies», sagt der UBS-Manager.

Trotzdem fühlen sich immer mehr Kunden von ihrer Bank ungenügend oder falsch beraten. Gab es bisher jährlich rund 1500 Anfragen beim Ombudsmann, zeigt die Kurve steil nach oben, seit die Börsenkurse einbrechen. Jeder zehnte Fall endet mit einem Entgegenkommen der Bank.

Anwälte lehnen Klagen ab, weil sie bei Banken Mandate haben

Dass die meisten Kunden die Verluste am Ende akzeptieren, sei im Sinne der Gesellschaft, sagt Hanspeter Häni von der Ombudsstelle für Bankkunden. «Unsere Gesetze gehen von einem mündigen Bürger mit Eigenverantwortung aus. Das finde ich richtig.»

Das Kernproblem sei die asymmetrische Machtverteilung zwischen Kunde und Bank. «Die Bank hat mehr Informationen, teure Verteidiger und Geld für Rekurse, der Kunde findet hingegen vielleicht nicht einmal einen klagebereiten Anwalt», sagt der Ombudsmann. Viele renommierte Anwälte lehnen Anfragen ab, weil sie Bankenmandate haben. «Bei den grossen Wirtschaftskanzleien finden Sie niemanden», sagt der Zürcher Wirtschaftsanwalt Felix Klaus.

Statt teure Prozesse hilft manchmal öffentlicher Druck. Die ZKB empfahl vor Jahren einer Kundin, 200 000 Franken Pensionskassengelder in Obligationen der schlingernden Swissair zu investieren. Erst als das Magazin «Beobachter» darüber berichtete, übernahm die Kantonalbank die Hälfte des Schadens.

Prozesskosten Statt Schadenersatz

Klagen gegen Banken kann teuer und frustrierend sein, wie ein Basler Zahnarzt erfuhr, der von der UBS 2 Millionen Franken einforderte und stattdessen mehrere Zehntausend Franken Prozesskosten zahlen musste. 1998 gab Peter H. seinem UBS-Berater grünes Licht für Hunderte von Börsentransaktionen. Einige Zeit später forderte der Kunde die Stornierung von gut 30 Aufträgen, die er nicht erteilt haben wollte. Die Erstinstanz lehnte die Klage grösstenteils ab, sprach dem Zahnarzt aber immerhin rund 200 000 Franken Schadenersatz zu. Doch der wollte mehr, focht das Urteil an und bekam nun vollumfänglich Recht. Darauf ging die UBS vor Bundesgericht – und erzielte im Herbst 2005 einen Vollerfolg. Der Zahnarzt hätte nicht nur telefonisch, sondern schriftlich und bei den Chefs seines Betreuers intervenieren müssen, argumentierten die Richter und verknurrten den Kläger zu 30 000 Franken Gerichtskosten.


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