«Die Saat ist aufgegangen»

Als CEO führt Guerrino De Luca die Ex-Computermausfirma Logitech zu neuen Höhen. Sein Geheimnis: zukunftsträchtige Miniunternehmen mit «heisser» Technologie akquirieren.

BILANZ: Herr De Luca, seit neun Jahren führen Sie Logitech zu immer neuen Höhen. Wie lange kann das so weitergehen?

Guerrino De Luca: Wir haben jetzt das beste Quartal in unserer Unternehmensgeschichte geschrieben. Dahinter steht vor allem der Innovationsreichtum in allen unseren Produktkategorien. Dass wir auch unter dem Strich immer mehr verdienen, zeigt, welchen Wert unsere Kunden den Neuerungen beimessen.

Es fällt auf, dass Sie immer wieder kleine Firmen erwerben. Steckt diese Strategie hinter der Nachhaltigkeit Ihres Erfolgs?

__ Die Saat ist aufgegangen. Mich erinnert es an die Anfangszeiten von Cisco, als die US-Internetfirma durch exzellente Übernahmen rasant wuchs. Später übertrieb es das Management mit Übernahmen.

Jüngstes Baby bei Logitech ist die amerikanische Minifirma Slim Devices, die Geräte fürs Musikhören ab Internet herstellt. Was bringen Ihnen solche Miniakquisitionen?

__ Digital Audio ist vermutlich die grösste Revolution im Konsumverhalten seit Jahrzehnten. Und es ist unser drittes, rasch wachsendes Standbein. Seit langem verkaufen wir Kopfhörer und Lautsprecher für iPod, MP3-Geräte und PC. Dann lancierten wir Wireless DJ, eine Fernbedienung mit Screen, um Songs von der Festplatte abzurufen. Mit Slim Devices können unsere Kunden Musik vom Netz oder von einem PC zur Stereoanlage oder zu einem Lautsprecher «streamen» ­ kabellos, im ganzen Haus und in bester Qualität.

Und um die Geräte bedienen zu können, brauche ich einen Ingenieurabschluss?

__ Das ist gerade das Schöne daran: Das Basisprodukt Squeezebox ist selbst für Ihre Grossmutter leicht zu bedienen. Einstellen, drei Minuten warten, schon werden Songs vom Internet heruntergeladen ­ Jazz, Rock, Progressive, was Ihnen gefällt. Man muss die Squeezebox lediglich an eine Stereoanlage oder einen Lautsprecher anschliessen, und schon hört man alle im Netz verfügbaren Songs.

Und wenn meine Oma lieber Mozart hat?

__ Squeezebox hat Pandora und Rhapsody installiert, zwei Programme, mit denen man im Netz sämtliche Stilrichtungen findet. Sie geben Bob Dylan ein, Pandora sucht alle Dylan-Titel. Notabene ohne PC, als Stand-alone-Produkt.

Ihre Begeisterung über die digitale Musikrevolution ist nicht zu überhören. Da hatten die Leute von Slim Devices wohl leichtes Spiel, sich Ihnen anzudienen.

__ Wir sind sehr vorsichtige Akquisiteure. In den letzten acht Jahren kauften wir gerade mal vier kleinere Firmen, was für ein so grosses Unternehmen wie Logitech erstaunlich wenig ist.

Offenbar finden Sie jene raren Firmen, die eine Erfolg versprechende Technologie besitzen und sich trotzdem zum Kauf anbieten.

__ Dass diese zu uns kommen wollen, dafür gibt es ­ abgesehen vom Geld ­ vor allem einen Grund: die Chance, unternehmerisch tätig zu bleiben. Normalerweise fürchten sich die Besitzer kleiner Firmen davor, unter die Decke eines Grossen wie Logitech zu schlüpfen. Dann sprechen sie mit einstigen Entrepreneuren, die zu uns gestossen sind, und merken, dass wir genau das Gegenteil wollen. Nämlich, dass sie ihren unternehmerischen Geist behalten.

Wie wichtig ist es, dass sich Geschäftsleute, die zusammenkommen sollen, persönlich mögen?

__ Sehr wichtig. Zwischen einem guten und einem schlechten Zusammenspiel liegt ein Faktor von 10, wenn nicht 100.

Sie mochten die Leute von Slim Devices von Beginn weg?

__ Wir sahen uns über Monate hinweg, diskutierten, provozierten uns, malten die Zukunft aus. So lernten wir uns und die jeweilige Leistung schätzen. Als wir die Motivation für einen Zusammenschluss spürten, sagten wir uns: Ja, das ist richtig.

Wie viele Leute waren involviert?

__ Dieses Kennenlernen war intensiv. Auf unserer Seite waren gegen 25 Leute involviert, obwohl es «nur» um den Kauf einer kleinen Firma ging. Doch die Art der Technologie, das Kundenverständnis und die Vision sind sehr wichtig. Und wir wollen sicher sein, dass es den Leuten, die zu uns stossen, nicht ums Geldeinstreichen geht, sondern um den Beginn einer neuen Reise.

So wie Grossfirmen innert weniger Wochen würden Sie nie eine Übernahme tätigen?

__ Entscheidend ist nicht die Zeit bis zum Deal, sondern die spätere Integration. Da beginnen die Probleme erst. Vieles, was theoretisch passt, bereitet in der Praxis Probleme. Dann muss man sich die nötige Zeit nehmen, weil sich sonst der Kauf nie bezahlt machen wird.

Guerrino De Luca stiess 1998 zu Logitech. Unter seiner Führung sind seither die Umsätze in jedem Quartal zweistellig gewachsen. Der Italiener De Luca wurde in der Ingenieurkultur des Computerherstellers Olivetti gross, bevor er bei Apple den Wert guten Designs schätzen lernte.


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