Sportrechtevermarkter ISL und Infront abgeblitzt

Das Zürcher Handelsgericht hat die Forderungen über rund 300 Millionen Franken der früheren Sportrechtevermarkterin ISL/ISMM und deren Nachfolgerin Infront gegen die UBS abgewiesen. Vermutlich verzichten die unterlegenen Parteien auf einen Rekurs.

Das Urteil wurde Anfang August gefällt und liess an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Die Zürcher Richter kamen zum Schluss, dass die sechs Klagen – vier von der Masse der konkursiten Zuger Sportrechtevermarkterin ISL, zwei von deren Nachfolgerin Infront – unbegründet seien. Es lehnte alle Forderungen ab.

Die ISL hatte die UBS auf 186 Millionen Franken betrieben, die Infront auf 115 Millionen. Die Kläger warfen der Grossbank vor, kurz vor dem Konkurs der ISL und im Wissen um deren Probleme Millionenbeträge abgezweigt zu haben, um eigene Forderungen zu befriedigen. Dies sei über ein geheimes Konto der UBS-Filiale Luzern passiert.

Die Grossbank zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis. Man habe das Fehlverhalten einzelner Zuständiger bei der ISL nicht zu verantworten, sagte eine UBS-Sprecherin am Freitag der SonntagsZeitung. «Die UBS fühlt sich durch die ergangenen Urteile durch das Handelsgericht Zürich in ihrer Auffassung bestätigt.»

Anwalt und Liquidator lagen sich offenbar in den Haaren

Der mit der ISL-Prozessführung gegen die UBS beauftragte Anwalt, Alt-Bundesrichter und Professor Karl Spühler, hat nach der Urteilsverkündung seine Aufgabe beendet. «Ich habe in Sachen ISL kein Mandat mehr», sagte er auf Anfrage. Über die Gründe seines «freiwilligen» Ausscheidens verweist Spühler an Karl Wüthrich, zuständiger Liquidator der ISL und somit Quasivorgesetzter Spühlers. Der Ex-Richter verhehlt nicht, Wüthrich zu misstrauen. «Fachlich habe ich schon immer Fragezeichen hinter seine Arbeit gesetzt», sagt Spühler.

Wüthrich, der auch für den Nachlass der SAirGroup zuständig ist und somit die zwei grössten Schweizer Unternehmensniedergänge der letzten Jahrzehnte zu bewältigen hat, bestätigt die Trennung von Spühler: «Die Gründe sind interner Natur. Bis auf weiteres kümmere ich mich selbst um die Aufgabe.»

Wüthrich will den Fall offenbar einstellen. Dies könnte der Grund für Professor Spühlers Verärgerung sein. Er habe noch nie Rechtspositionen vertreten, die er nicht «mit meinem Gewissen und mit meiner Position als Alt-Bundesrichter» in Übereinstimmung bringen könne, sagt Spühler dazu.

Rechtsanwalt Dieter Gessler vom Zürcher Anwaltsbüro Nobel vertritt die zweite Klägerin gegen die UBS, die Sportrechtevermarkterin Infront, die von der ISL die Fifa-Vermarktungsrechte geerbt hatte. Auch Gessler war mit seinen zwei Klagen abgeblitzt. «Das Verfahren vor Handelsgericht wurde ohne Befragung von Zeugen, allein auf Grund der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien, durchgeführt», sagt Gessler. «Das beinhaltet das Risiko, dass das Gericht allenfalls nicht auf alle möglichen Einwände eingegangen ist.» Ob das für einen Erfolg versprechenden Rekurs genüge, müsse er nun rasch mit Infront klären.

Entscheid im Fall SAirGroup

Im Zivilprozess der SAirGroup kommt es für Liquidator Karl Wüthrich im Herbst zu einem wegweisenden Entscheid. Das Zürcher Handelsgericht wird die Frage entscheiden, ob Wüthrich Fristen verpasst hat, was die Gläubiger der SAirGroup bis zu 1,5 Milliarden Franken kosten könnte. Haften würde der Kanton Zürich, der Regress auf Wüthrich nehmen kann. Betroffen sind Zahlungen der SAirGroup oder deren Tochtergesellschaften an diverse Firmen zu einem Zeitpunkt, als die Überschuldung des Aviatikkonzerns absehbar war. Bei solchen paulianischen Anfechtungsklagen beginne die Frist mit Bestätigung des Nachlassvertrags, sagt Wüthrich. Die Gegner behaupten, die Uhr ticke bereits ab Zulassung der Nachlassstundung. Beide liessen renommierte Schuldrechtler Gutachten erstellen; ein erstes Urteil in Zug gibt Wüthrich Recht. Rechtsanwalt Michael Kramer von der Zürcher Kanzlei Pestalozzi Lachenal Patry, der einen Klienten vertritt, kritisiert den Liquidator. Die anwaltliche Sorgfaltspflicht gebiete es, sich «für die sichere Variante zu entscheiden».


Einen Kommentar schreiben