Nur Skyguide Zürich büsst für Überlingen

Vier Jahre nach Überlingen hat die Staatsanwaltschaft diese Woche Anklage erhoben. Das Problem, das zur Katastrophe führte, bleibt bis heute ungelöst.

Am 1. Juli 2002 crashten zwei Jets über dem Bodensee. Es gab 71 Tote, darunter 54 russische Kinder. Die Staatsanwaltschaft Winterthur hat vergangene Woche Anklage gegen acht Mitarbeitende der Flug- sicherung Skyguide erhoben. Ihnen drohen Gefängnisstrafen bis zu fünfzehn Monaten. SonntagsBlick weiss, wer betroffen ist: unter anderen der Chef Operationen von Skyguide Zürich, der frühere Leiter des Bereichs Überflüge und dessen Stellvertreter. Ausgenommen von der Verantwortung ist der oberste Chef von Skyguide, CEO Alain Rossier. Ulrich Arbenz, leitender Staatsanwalt in Winterthur, erklärt warum. Als zuständig betrachtet werde nur Skyguide Zürich und nicht das ganze Unternehmen: «Zürich ist eine eigene Organisation, in Genf wurde anders gearbeitet.»

Arbenz nutzt zur strafrechtlichen Aufarbeitung des Unglücks als Beweismittel das Gutachten eines österreichischen Aviatikpsychologen. Dort heisst es, ungünstige Bedingungen hätten zur «Überbeanspruchung des Lotsen» geführt. Grund für das Versagen des Lotsen ist demnach das vom Skyguide-Management geschaffene Umfeld. «Wir prüfen die Erstellung eines Gegengutachtens», sagt Rechtsanwalt Adrian Klemm im Namen der Angeklagten. Für diese gilt die Unschuldsvermutung.

Die strafrechtliche Aufarbeitung schafft nun aber neue Verwirrung, was das Grundproblem beim damaligen Unfall angeht. Soll ein Pilot im Notfall auf das elektronische Warnsystem hören oder auf den Lotsen? Die Regeln der internationalen Aviatikbehörde ICAO besagen heute eindeutig, dass das technische Warnsystem Priorität hat. Ein kürzlich gefälltes Urteil aus Deutschland stellt aber gerade dies wieder infrage. Die russische Besatzung wurde im Urteil freigesprochen. Obwohl der Pilot der Tupolew die Anweisungen des automatischen Warnsystems missachtete. «Das Problem ist noch nicht endgültig gelöst», sagt ein Sprecher der Schweizer Flugsicherung dazu.


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