Rating-Riese Moody’s: Der CS droht eine happige Bonitätskorrektur

20minuten.ch (19. Juni 2012) – Die US-Ratingagentur Moody’s könnte die Kreditwürdigkeit der Credit Suisse in Kürze um drei Stufen senken. Das wäre nach der heftigen Kritik der SNB ein weiterer herber Rückschlag.

Der Credit Suisse bleibt nichts erspart. Nach der lauten Kritik vom Nationalbankpräsident Thomas Jordan braut sich bereits der nächste Sturm über dem Paradeplatz zusammen.

Diesmal kommt der Donnerschlag von Moody’s, einer der drei grossen Ratingagenturen für die globalen Banken. Moody’s ist derzeit daran, ihre Kredit-Ratings für die europäischen Finanzmultis zu überprüfen. Letzte Woche senkteMoody’s die Bewertungen für langfristige Schulden von holländischen Banken, darunter Rabobank, ING und ABN Amro, um zwei bis drei «Notches».

Von AA1 auf A1

Als Nächstes stehen die Befunde für die beiden Schweizer Grossbanken an. Auch dort wird laut Marktkennern mit Rückstufen um bis zu 3 Noten bei der langfristigen Kreditwürdigkeit gerechnet.

Moody’s hatte im Februar eine Rückstufung der CS um drei Stufen als mögliches Maximal-Szenario angekündigt. Das Rating für die CS befindet sich bei Moody’s seit November 2011 auf der Überwachungsliste mit negativen Implikationen.

«Es ist zu erwarten, dass die Ratingagentur in Kürze eine Neubeurteilung kommuniziert», sagt ein Kredit-Analyst zu 20 Minuten Online. Dabei sei eine Herabstufung der Bonität gut möglich. «Um wie viele Notches ist allerdings unklar.»

Trifft die maximale Senkung ein, dann würde die CS von heute Aa1 auf noch A1 fallen. «Big headlines» seien in diesem Fall in der Schweiz zu erwarten, meint Christopher Wheeler, Banken-Analyst bei der italienischen Mediobanca. «Das hätte Auswirkungen auf das Kerngeschäft Vermögensverwaltung.»

Angst bei Anlegern

Laut Wheeler würde die Moody’s-Rating-Rückstufung de facto nichts am Zustand der Bank ändern. Doch die Wahrnehmung bei den wichtigen Kunden im Private-Banking der CS würde sich verändern. «Es ist wie bei einem Grossabschreiber, der reisst ebenfalls nur ein Loch in die Buchhaltung, ansonsten passiert vorerst nichts. Aber die Leute beginnen, der Bank zu misstrauen.»

Angst vor der Stabilität eines Finanzinstituts führt in der Regel zum Abzug von Geldern. Bei der CS gab es im bisherigen Verlauf der Jahrhundertkrise im Unterschied zur UBS keine gehäuften Vermögensabflüsse. Im Gegenteil, die CS war lange eine grosse Profiteurin der Verunsicherung bei der Erzrivalin UBS und konnte Milliarden an Neugeldeingängen verbuchen.

Gewehr bei Fuss in der CS-Teppichetage

Bei der CS herrscht mit Blick auf die erwartete Moody’s-Rückstufung erhöhte Alarmbereitschaft. Oberste Chargen der Bank kümmern sich und entsprechende Anfragen – um die Moody’s-Übersicht mit den zu den erwarteten Kreditrating-Änderungen ins rechte Licht zu rücken.

Die CS schneide lediglich auf den ersten Blick schlecht ab, meint die Bank. Platzmässig würde die CS nicht viel einbüssen. Sie fiele lediglich von der Spitze auf Platz zwei zurück, ex aequo mit der englisch-asiatischen HSBC.

Neu am sichersten wäre bei Moody’s die US-Grossbank JPMorgan. Allerdings könnte sich die Lage nach dem 2-Milliarden-Dollar-Verlust mit Derivativen für die Amerikaner verändert haben. Weiterhin schlechter abschneiden als die CS würde die UBS. Sie fiele im Moody’s-Extremszenario von Aa3 auf A3. Statt im Mittelfeld läge die grösste Schweizer Bank neu im hinteren Teil des Felds.

Gut beim Totalkapital, schlecht beim Aktienpolster

Ein CS-Sprecher betont, dass die anstehende Moody’s-Korrektur nichts mit der SNB-Schelte von letzter Woche zu tun habe. Moody’s sei längst an der Arbeit und würde ihre Ratings unabhängig von der Einschätzung der Schweizer Notenbank festlegen.

Ihr im Konkurrenzvergleich immer noch gutes Abschneiden begründet die CS mit ihrem dicken Polster beim Totalkapital. Dieses berücksichtigt neben dem harten Kernkapital aus Aktien und Reserven auch eine Mischform mit Obligationen. Der CS-Sprecher räumte ein, dass die Bank ihr hartes Eigenkapital verstärken muss. Allerdings will sie dies nicht wie von der SNB gefordert sofort tun, sondern mittelfristig bis 2018.

Investoren meiden CS

Dadurch will die CS eine Kapitalerhöhung oder einen beschleunigten Risikoabbau, der den gleichen Effekt hätte, vermeiden. Ihr Ziel ist es, den geforderten Puffer mittels Gewinnen zu erreichen.

Dieses Vorhaben kann die Zweifel der Investoren bisher nicht ausräumen. Trotz Kommunikations-Offensive der CS – unter anderem gab CEO Brady Dougan der «SonntagsZeitung» ein Interview – bleibt ihr Aktienkurs im Keller.


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