Gutes Quartalsergebnis: Ermotti ist für Kampf gegen Weber gerüstet

20minuten.ch (2. Mai 2012) – UBS-Konzernchef Sergio Ermotti läufts gut: Die Bank zieht wieder mehr Neugeld an, und auch das Geschäft mit reichen US-Kunden kommt voran. Diesen Rückenwind kann Ermotti gebrauchen.

Die Börse macht wie so oft das Gegenteil von dem, was die Analysten erwarten. Diese tippten auf deutlich mehr als die rund 800 Millionen Franken Quartalsgewinn bei der UBS. Statt zu sinken, machte die Aktie der Grossbank heute früh zur Börseneröffnung einen Sprung. Plus 5 Prozent bis 10 Uhr. Die Anleger honorieren damit Sergio Ermottis Start als operativer UBS-Lenker. Der Tessiner ist erst seit Mitte November CEO, nachdem er zuvor wochenlang Interims-Chef gewesen war.

Die ersten drei Monate dieses Jahres sind somit Ermottis erster vollständiger Leistungsausweis. Er fällt nicht schlecht aus, was Ermotti Rückenwind beschert. Der Tessiner hatte kürzlich mit dem Abluchsen eines Star-Investmentbankers von Konkurrentin Bank of America Merrill Lynch international gepunktet.

Die UBS-Vermögensverwaltung rentiert wieder einigermassen und zieht frisches Neugeld an. Und auch im seit Jahren trostlosen US-Wealth-Management gibt es neue Hoffnung; die Schweiz läuft wie immer, das Asset Management schreibt schwarze Zahlen.

UBS schlägt CS

Jo-Jo-mässig ist die Investmentbank unterwegs. Ohne die Crux mit der Bewertung der eigenen Schulden hätte sie einen Sprung auf über 700 Millionen Vorsteuergewinn geschafft, mit dem diesmal negativen Buchhaltungseffekt sackt das Handelsgeschäft unter die Gewinnschwelle.

Alles in allem ist Ermottis Jungfer-Resultat angesichts der weltweiten Krisen und der ungeklärten Rolle des Investmentbankings in Ordnung. Auf jeden Fall schlägt die UBS ihre Erzrivalin vom Paradeplatz, die CS, selbst dann noch, wenn man für beide Player sämtliche Buchhaltungs-«Tricks» zulässt. Ermotti weist einen sogenannten «bereinigten Vorsteuergewinn» von 2,2 Milliarden aus, sein Counterpart bei der CS Brady Dougan einen «normalisierten Vorsteuergewinn» von 1,9 Milliarden.

Einäugige UBS wird König

Operation Ermotti geglückt, doch die Lage bleibt ernst, mit Schuldenkrise in Europa, Mega-Defizit in den USA und Absturz-Gefahren für die Weltwirtschaft. «Sollten in diesen Kernfragen keine Fortschritte erzielt werden, wäre eine weitere Erholung der herrschenden Marktsituation unwahrscheinlich», meint die UBS heute.

Fürs eigene Haus bleibt Ermotti trotz den Sturmwolken über dem blauen Planeten einigermassen zuversichtlich; und zwar dank der UBS-Kerndisziplin Vermögensverwaltung. Die Bank erwartet, dass ihre «Wealth-Management-Einheiten insgesamt weiterhin Nettoneugeldzuflüsse generieren werden, weil die Kunden unsere Bemühungen anerkennen und uns auch weiterhin ihr Vermögen anvertrauen werden». Zur Zukunft der Investmentbank steht nichts.

Weil es rundherum kracht im Gebälk, klingt das beruhigend. Vor allem die europäischen Konkurrenten der UBS könnten in einen gefährlichen Euro-Abschreibungs-Strudel geraten. Vor dem Hintergrund möglicher Rettungsübungen für spanische und andere Banken wirkt die UBS plötzlich wie der berühmte Einäugige, der unter Blinden zum König wird.

Hält Weber die Gewaltentrennung ein?

Für Ermotti kommen die «Good News», die dem CEO den Rücken stärken, genau zur rechten Zeit. Am Donnerstag übernimmt der Deutsche Axel Weber vom Innerschweizer Kaspar Villiger das UBS-Präsidentensteuer.

Wie verschiedene hohe UBS-Manager in Hintergrundgesprächen verraten, hat Weber schon vor seinem Amtsantritt massgeblich bei der Bank mitbestimmt. Diese Quellen fragen sich, ob der langjährige Chef der deutschen Bundesbank die Gewaltentrennung einhält und Ermotti das operative Geschäft überlässt, oder ob er auch dort die erste Geige spielen will.


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