«Geheimdienst-Methoden»: UBS-Berater im Undercover-Einsatz

20minuten.ch (27. März 2012) – Ein Buch über geheime Steuerpraktiken der UBS gibt in Frankreich zu reden. Es birgt Sprengstoff: für die Schweiz und die UBS, aber auch für die Grande Nation und deren politische Elite.

Der Journalist Antoine Peillon berichtet in «Ces 600 milliards qui manquent à la France» von Geheimdienst-Methoden der UBS-Offshore-Banker bei ihrem Undercover-Einsatz auf französischem Boden.

Die UBS-Berater hätten ihre vermögenden Frankreich-Kunden in neutralen Hotel-Lobbys beraten und Visitenkarten ohne Hinweis auf die Bank und ihre Tätigkeit hinterlassen.

Handy blockieren

In vertraulichen Schulungsunterlagen seien die Berater angewiesen worden, im Fall einer Razzia ihren Pin drei Mal falsch zu erfassen, um den Handy-Zugang zu blockieren.

Bereits aus dem US-Steuerfall der UBS bekannt ist ein geheimes Computer-Programm. Dieses ermöglichte den Vermögensberatern bei Kundenbesuchen im Ausland Zugriff auf den Schweizer Hauptcomputer via verdeckten Passwort-Zugang. Mit einer Kurz-Tasten-Kombination konnten die gefährliche Software und die heruntergeladenen Daten im Notfall gelöscht werden.

Protektion von ganz oben

Brisant ist die These von Buchautor Peillon, wonach die vermögenden Kunden der UBS und anderer Offshore-Banken politischen Schutz geniessen würden.

Trotz Dokumenten aus dem Innern der französischen UBS-Organisation würden die Strafbehörden nämlich keine Ermittlungen gegen Steuerhinterzieher und ihre vermuteten Schweizer Helfer aufnehmen, behauptet der Journalist.

UBS dementiert

Das Buch hat in Frankreich, wo die Mittelklasse wegen der EU-Schuldenkrise den Gürtel enger schnallen muss, eine Debatte ausgelöst, die nun in die Schweiz übergreift.

Im Westschweizer Fernsehen dementierte ein Sprecher der UBS kürzlich, dass die Bank «bei einem System zur Mithilfe für Steuerhinterziehung partizipiert» hätte, wie dies im Report des Journalisten der französischen Zeitung «La Croix» behauptet würde. Die Bank behalte sich Klagen vor, drohte der UBS-Manager.

Wie viel wusste die UBS-Spitze?

Das «Echo der Zeit» des Deutschschweizer Radios hat am Montag ausführlich über die Vorwürfe des Autors berichtet. Dieser zeichnete in der Sendung mit Verweis auf seine Recherchen das Bild von systematischer Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch die Grossbank und ihre Verantwortlichen.

Die neuen Vorwürfe werfen einmal mehr die Frage auf, wie weit die obersten Chefs der damaligen UBS über die umstrittenen Methoden im Bild waren. Wie die Geheimniskrämerei um Visitenkarten, Hotelmeetings und Computersystem zeigen, war es der UBS wichtig, dass ihre Methoden im Offshore-Banking nicht aufflogen.

Schweizer Justiz nimmt lieber Christoph Blocher ins Visier

Aus Schweizer Rechtssicht lautet die Fragestellung, ob die Verantwortlichen bewusst gegen ausländische Gesetze verstossen haben. Damit würden sich möglicherweise auch in der Schweiz Ermittlungen gegen die früheren UBS-Kapitäne aufdrängen.

Wahrscheinlich ist das nicht. Die Zürcher Justizbehörden waren zwar schnell mit einem Ermittlungsverfahren gegen SVP-Boss Christoph Blocher im Fall des gestürzten Nationalbank-Chefs Hildebrand.

Rund um den Zerfall des Bankgeheimnisses und den zum Vorschein kommenden Praktiken der Banken und ihrer Manager sieht die gleiche Behörde hingegen keinen grossen Anfangsverdacht.


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