Rhetorische Schlacht: Wer bankt weisser?

20minuten.ch (16. Februar 2012) – Steuern als Privatsache des Bankkunden – das war gestern. Heute ist vorauseilender Gehorsam angesagt. Die Bank Sarasin will von Kunden eine Steuerbescheinigung, sonst wirft sie diese raus.

Willkommen in Weiss-Bankenland! Die Schweizer Banken liefern sich einen Wettlauf der besonderen Art. Statt wie bisher verschwiegen um Milliarden im Graubereich zu kämpfen, buhlen sie offen um die Vorrangstellung im neuen Zeitalter des Weissgelds.

Rhetorisch die Nase vorn hat die Basler Bank Sarasin. Die Bank, die sich vor kurzem dem wenig transparenten brasilianischen Finanzimperium Safra an die Brust geworfen hat, will bis Ende dieses Jahres alle ihre Kunden über den Systemwechsel hin zu voller Steuerkonformität informieren.

Laut einer Quelle müssen die Kunden von Sarasin in Zukunft mit einem offiziellen Steuerdokument beweisen, dass ihre Gelder bei der Privatbank korrekt deklariert seien. Wer das nicht könne oder wolle, würde von Sarasin bis Ende 2013 hinauskomplimentiert, sagt der Insider.

Das Steuer-Bankgeheimnis ist passé

Ein Sarasin-Sprecher verweist auf frühere Stellungnahmen. Diese sind noch ambitionierter. «Wir haben im Sommer 2010 unser Ziel kommuniziert, bis Ende 2012 keine nicht versteuerten Vermögenswerte mehr verwalten zu wollen», schreibt Benedikt Gratzl auf eine entsprechende Anfrage. In einer Woche würde die Bank an ihrer Jahres-Pressekonferenz den Stand der Umsetzung offenlegen.

Der Wettbewerb ums Leadertrikot im Weissgeld-Rennen wird von obersten Branchenvertretern angeheizt. Die «Strategie der Steuerkonformität» soll sicherstellen, dass das Bankgeheimnis nicht missbraucht würde, um «unversteuerte Gelder zu verwalten», sagte Patrick Odier, Präsident der Bankiervereinigung, kürzlich der NZZ.

Diese «Steuerkonformitäts-Strategie» vorgespurt hatte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf als politische Schirmherrin aller Schweizer Banken. Es habe ein Steuer-Bankgeheimnis gegeben, dieses sei passé. Demgegenüber habe das Privatsphären-Bankgeheimnis eine Zukunft.

Wie funktioniert die Selbstdeklaration?

Das sind schöne Worte. Doch wie die Selbstdeklaration à la Sarasin funktionieren soll, weiss derzeit noch niemand. «Da braucht es aus meiner Sicht noch genaue juristische Abklärungen», gab Gerold Bührer als oberster Wirtschafts-Verbandsführer in der «SonntagsZeitung» stellvertretend für den ganzen Standort zu. «Viele Details» seien noch offen.

Selbst einer der einflussreichsten Bankenchefs des Landes kann nicht sagen, wie die Super-Weissgeld-Übung der Schweiz konkret funktionieren soll. «Von einem neuen Kunden eine Bestätigung zu verlangen, dass seine Gelder versteuert sind, unterstützen wir», meinte CS-CEO Brady Dougan gegenüber dem «SonntagsBlick.» «Aber von einem Kunden zu verlangen, er müsse beweisen, dass er die Steuern bezahlt hat, ist für eine Bank ein unmögliches Unterfangen.»

So steckt hinter Sarasins «Weisser-als-Weissgeld-Strategie» möglicherweise mehr Rhetorik als Action. Ein Zürcher Bankenmann sagt jedenfalls im vertraulichen Gespräch, dass Ost-Gelder ohne überzeugende Steuerdeklaration bei den Baslern nach wie vor willkommen seien.


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