Die Banken sparen: Schweizer IT-Firma entlässt 120 Mitarbeiter

20minuten.ch (19. Januar 2012) – Die führende Schweizer Banken-Softwarefirma Avaloq stellt 120 Mitarbeiter auf die Strasse. Das entspricht einem Fünftel der Belegschaft im Stammhaus. Die Auftragslage ist eingebrochen.

Die erfolgreichste Schweizer Banken-Softwareunternehmung der letzten Jahre steht vor ihrer schwierigsten Zeit. Sie muss 120 Mitarbeiter von rund 600 im Stammhaus in Zürich und im Ableger Thalwil entlassen.

Dies berichtet die Finanz-Onlinezeitung Inside Paradeplatz. Dafür braucht Avaloq einen Sozialplan. Das Personal wurde am Donnrstagmorgen vom Management informiert. Ein Avaloq-Sprecher wollte vorerst keine Stellung nehmen.

«Marktlage verschärft»

Die Mitarbeiter erfuhren hingegen bereits mehr. «Um die Wettbewerbsfähigkeit weiter zu stärken, verlagert die Avaloq Gruppe Aufgaben ins Tessin und baut ihre Kapazitäten im Entwicklungszentrum in Grossbritannien und in den Niederlassungen im Ausland aus», heisst es intern.

Grund für die überraschende Massnahme, die für viele aus heiterem Himmel kommt, sei die Situation in der Finanzbranche. «Die Marktlage hat sich im Zuge der Finanzkrise und des starken Schweizer Frankens weiter verschärft», heisst es dazu in der internen Avaloq-Kommunikation.

Doch offenbar gibt es bereits sei Mitte des letzten Jahres Probleme, sagt ein Avaloq-Mitarbeiter mit Bezug auf die Informationen der Firma. Viele Kunden, darunter hauptsächlich Banken, hätten im 2. Halbjahr 2011 begonnen, Projekte zu reduzieren oder ganz auf Eis zu legen. Neue Aufträge habe es seither kaum mehr gegeben, sagt die Quelle.

Management mit rosiger Brille

Doch das Management reagierte auf den sich abzeichnenden Umsatzrückgang anfänglich zögerlich. Der Kauf von B-Source, einer IT-Outsourcing-Firma, von der italienischen Versicherungs-Multi Generali im letzten August habe die Aufmerksamkeit des Managements auf sich gezogen, sagt der Mitarbeiter.

Im Oktober kam ein grosses Expansionsvorhaben im schottischen Edinburgh hinzu. Dort will Avaloq dereinst rund 500 Entwicklungs-Arbeitsplätze anbieten. Sowohl an ihren Plänen mit B-Source als auch an jenen in Edinburgh will die Firma festhalten.

Avaloq-CEO Francisco Fernandez, der noch letzte Woche in der «SonntagsZeitung» den Datenklau in der Hildebrand-Affäre als letztendlich nicht zu verhindernder Vorfall begründete und sich damit vor seine Kundin, die Bank Sarasin, stellte, steht vor seiner schwierigsten Prüfung.

Der erfolgsverwöhnte IT-Überflieger muss beweisen, dass er nicht nur gut im Auf- und Ausbauen ist, sondern dass er auch weiss, wie man eine schnell gewachsene Firma in einen neuen Zyklus überführt.


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