Brady Dougans letzte Schlacht

20minuten.ch (23. Februar 2012) – Der CS-Chef muss in diesen Wochen beweisen, dass seine Investmentbank noch etwas taugt. Wenn nicht, kriegt die Grossbank wohl bald einen neuen CEO – von aussen.

Nach aussen gibt sich Brady Dougan stoisch wie eh und je. Wenn man ihn lasse, werde er die Credit Suisse (CS) noch lange leiten. Ob man ihn lässt, hängt allein von Dougan selbst ab. Der geborene Investmentbanker ist just mit seiner eigenen Spezialität tief in die roten Zahlen gestürzt. Aus diesem Loch muss er rasch raus, sonst begräbt es ihn.

Es laufe jetzt wieder ganz anständig, meinte Dougan kürzlich. Ob das reicht, hängt von der Konkurrenz ab. Wenn Goldman Sachs, J.P. Morgan, Deutsche Bank und auch die UBS in ihrem Handelsgeschäft im ersten Quartal 2012 besser abschneiden, gehen Dougan die Argumente aus.

Brady, der clevere Karrierist

Dougans Stärke wird zu seiner Schwäche. Die CS war traditionell stärker aufs Investmentbanking fokussiert als die UBS. Sie hatte schon in den 1980er Jahren mit der Wallstreet-Bank First Boston einen grossen Fuss ins angelsächsische Big Banking gesetzt. Seither ist die CS dort ein Faktor.

Für seine Wahl zum CEO und Nachfolger des legendären Oswald Grübel vor fünf Jahren spielte Dougans Investmentbanking-Herkunft die entscheidende Rolle. Dougan überholte mit cleverem Lobbying in eigener Sache seine internen Konkurrenten, allen voran Konzernanwalt Urs Rohner und Winterthur-Sanierer Lenny Fischer, und liess die Rufe nach einem externen Spitzenmann verstummen. Der Grund war, dass die CS-Investmentbank auf allen Zylindern kraftvoll lief.

Dougans CS blieb lange unter dem Radar

Kurz nach seiner Stabsübernahme im Frühling 2007 brach die grosse Subprime-Krise aus. Obwohl auch die CS mit undurchsichtigen US-Hypothekenvehikeln Milliarden in den Sand setzte, steuerte Dougan unbeschadet durch den Sturm. Das Augenmerk war auf die viel stärker betroffene UBS gerichtet, die zuletzt zur Rettungsleine des Steuerzahlers greifen musste.

Beinahe unter ging, dass auch die CS auf dem Höhepunkt der Krise kurz nach dem Kollaps der Wallstreet-Ikone Lehman Brothers frisches Eigenkapital in Milliardenhöhe benötigte. Dieses schossen reiche Araber ein, deren Risiko ziemlich gering blieb. Das nötige Geld für die Kapitalspritze wurde den Scheichs in Form von Darlehen zugestreckt – von der CS selbst.

Da war Dougan in seinem Element. Faktisch zog sich die CS am eigenen Haarschopf zum Sumpf heraus, wie weiland Baron von Münchhausen. Mitten im heulenden Sturm war das für die Aufsicht in Bern okay, und die Medien waren zu stark mit dem Nahtod-Erlebnis der UBS beschäftigt, als dass sie das Konstrukt der CS-Investmentbanker kritisch durchleuchtet hätten.

Das böse Erwachen

Dougan schwebte auf Wolke 7, seine CS galt als jene Grossbank, die mit geblähten Segeln in Richtung «New Banking» auf- und davon eilte. Umso herber fiel die Enttäuschung aus, als die Zahlen zuerst bröckelten und dann einbrachen.

Nun fiel Dougan in Ungnade, das Vertrauen war weg. Offiziell hält Urs Rohner, der einstige Widersacher um den CEO-Job, der inzwischen auf den Präsidentenstuhl gehievt wurde und damit Dougans Boss geworden ist, nach wie vor zum Amerikaner.

Doch CS-Insider «riechen» Rohners Ungeduld. «Brady’s Zeit läuft aus», sagt ein CS-Manager. Ein Ex-Tophshot der CS bringt das Dilemma auf den Punkt. «Dougan steht für Investmentbanking, und Investmentbanking kann aber nicht mehr die Zukunft der CS sein. Also ist Dougan für die neue Strategie mit Fokus Vermögensverwaltung der falsche Mann.»

Intern herrscht Wüste

Wer wäre der Richtige? Intern drängt sich keiner auf. Hans-Ulrich Meister hat einen steilen Aufstieg zum Chef der weltweiten Vermögensverwaltung geschafft. Doch die Integration der Tochterbank Clariden Leu sorgt für Unruhe. Meister lasse dort die Zügel schleifen, sagt ein CS-Kritiker.

Von der Investmentbank drängt sich, mal abgesehen von strategischen Überlegungen, aufgrund der Persönlichkeit kein CS-Topshot für den CEO-Job auf. Dougan habe es verpasst, starke Leute aufzubauen, sagt ein Ex-CS-Topshot. Das würde ihm nun als grösste Schwäche angekreidet. «Brady wollte nie starke Figuren um sich.»

Bleiben mögliche Externe. Soll es ein Schweizer sein, dann kommen einem die üblichen Verdächtigen in den Sinn: Hugo Bänziger, der Schweizer Risikochef in Diensten der Deutschen Bank, Axel Lehmann, Risikochef der Zürich-Versicherung und UBS-Verwaltungsrat. Oder dann Leute, die nach Dougans Machtübernahme bei der CS von Bord gegangen sind, wie Lenny Fischer, der heute eine kleine Handelsbank führt, oder Ulrich Körner, oberster Stabschef der UBS. Überzeugend ist die Auswahl noch nicht. CS-Präsident Urs Rohner steht vor schwierigen Wochen.


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