Villigers Coup: Top-Notenbanker soll an die UBS-Spitze

20minuten.ch (1. Juli 2011) – Vor 8 Wochen offerierte UBS-Präsident Kaspar Villiger Ex-Bundesbank-Chef Axel Weber seinen Posten. Der deutsche Notenbanker soll endlich die Weichen für mehr Nachhaltigkeit stellen.
Die Überraschung ist geglückt. Kaspar Villiger verhehlt seine Freude denn auch nicht. Im Communiqué von heute Morgen verkündet der UBS-Präsident den Vorschlag des Deutschen Axel Weber, 54, als seinen Nachfolger in der Ich-Form.
«Herr Villiger hat am 10. Mai Herrn Weber kontaktiert, um mit ihm über das UBS-Präsidium zu sprechen», bestätigt Sprecher Christoph Meier gegenüber 20 Minuten Online die Vermutung, dass Webers Verpflichtung Villigers Werk ist. «Die beiden fanden rasch gegenseitig Interesse, es kam zur Übereinkunft innerhalb weniger Wochen.»
Gestern hat der Verwaltungsrat der Grossbank grünes Licht für Axel Weber gegeben. Weber soll nächsten Frühling in den UBS-VR gewählt und ein Jahr lang als Vize von Villiger amtieren, um dann 2013 die Zügel in die Hand zu nehmen.
Krisenerfahren
Mit Weber kommt nicht nur ein intellektuelles Schwergewicht an die Spitze der grössten und wichtigsten Schweizer Bank, sondern vor allem ein erfahrener Notenbanker. Das lässt hoffen. Es sind die Zentralbanker dieser Welt, die in den letzten 4 Jahren am meisten Blut geschwitzt und die grosse Finanzkrise beängstigend hautnah erlebt haben. Alle westlichen Notenbanken mussten sich mit riesigen Notmassnahmen gegen den totalen Finanz-Meltdown stemmen.
Die Lehre daraus ist für Axel Weber und die übrigen Notenbanker: Nie mehr unkontrollierte Grossbanken, die mit intransparenten und gigantisch hohen Wetten das Finanzsystem an den Abgrund heranführen.
Die UBS steht aus Schweizer Sicht sinnbildlich für diese Form von unkontrolliertem Grössenwahn, sie muss entsprechend am stärksten über die Bücher. Mit Axel Weber an der Spitze sind die Voraussetzungen gegeben, dass die Weichen Richtung weniger Risiko und mehr Sicherheit gestellt werden.
Wichtig ist die Wahl von Axel Weber – es braucht noch das Ja der Aktionäre an der nächsten Generalversammlung – aber aus einem anderen Grund. Mit ihm kann eine völlig unabhängige Person entscheiden, wer als Nächster den wichtigsten Job im 65 000-Mitarbeiter-Finanzkonzern besetzen wird. Die Rede ist vom CEO, es geht um die Frage, wer Oswald Grübel ablösen wird.
Weber hat nichts am Hut mit Grübel-Boys
Nicht nur gute Unternehmensführung, sprich Corporate Governance, ist das Thema, auch wenn sicher wichtig ist, dass zuerst ein neuerPräsident ernannt wird, der danach einen passenden neuen CEO bestimmt.
Entscheidender ist, dass Weber nichts mit den Grübel-Boys in der UBS zu tun hat. Er ist weder Stabschef Ulrich Körner noch Investmentbank-Chef Carsten Kengeter noch dem neuen Shootingstar, dem Südschweizer und langjährigen Italo-Banker Sergio Ermotti, verpflichtet. Vielmehr kann Axel Weber frei von Seilschaften, Loyalitäten und Grübelschen Karriere-Versprechen die mit Abstand wichtigste Personalie bestimmen. Und, so ist aus der UBS zu hören: Er wird die CEO-Frage schon nächsten Frühling anpacken, wenn er für ein Jahr Villigers Vize werden soll.
Neue deutsche Gründlichkeit
So ist gut möglich, dass es im Frühling 2013, wenn dann Weber die Zügel von Villiger gänzlich übernehmen soll, zu einem Doppelrücktritt kommen und auch Oswald Grübel abtreten wird. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, könnte man dann sagen, in diesem Fall wären es gar zwei «Mohren».
Villiger und Grübel sind in höchster Not im Frühling 2009 hingestanden und haben den leck geschlagenen UBS-Tanker repariert und wieder auf Kurs gebracht. Das verdient Respekt und Anerkennung. Eine neue, nachhaltige Strategie hingegen konnten sie dem Finanzmulti nicht verpassen.
Das wird nun Sache von Axel Weber. Mit ihm wird das deutsche Element in der UBS verstärkt, die Angelsachsen verlieren an Einfluss. Deutsche sind typische Ingenieure, ihnen wird nachgesagt, genau, vorsichtig mit dem Geld, auch hierarchisch zu sein.
Das passt alles nicht schlecht zur alten UBS, wie wir sie bis zum Ausbruch der Krise von aussen wahrgenommen haben (Im Innern war es, wie wir längst wissen, eine andere, risikofreudige Bank ohne genügend grosse Kontrollen.). Wenn der zukünftige Präsident Axel Weber mit einem fähigen und kulturell interessanten CEO ab 2013 die neue UBS vertreten wird, dann könnte endlich das eintreten, was unter dem Gespann Grübel/Villiger nicht geschehen ist. Die UBS könnte sich tatsächlich zu einer neuen, modernen, gesellschaftlich nachhaltigen Grossbank entwickeln.

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