Oswald Grübel vor seiner letzten Schlacht

20minuten.ch (24. Mai 2011) – Die Kritik an UBS-Chef Oswald Grübel nimmt zu. Der Grossbanken-König fühlt sich missverstanden. Hält er dem Druck stand?

Oswald Grübel, 67, geniesst einen Sonderstatus unter den Schweizer Bankenchefs: Kritik am Deutschen ist selten. Die Gründe liegen in seinen Verdiensten. Zuerst brachte er die Credit Suisse nach tiefen Verlusten wieder auf die Beine. Und seit 2009 führt er die UBS nach dem Crash zurück zu alter Grösse.

Umso mehr fällt auf, wenn Grübel-Beobachter die Samthandschuhe ausziehen. Am stärksten der «Tages-Anzeiger»: «Ist Grübel als Chef noch tragbar?», fragt die Zeitung am Montag.

Dinosaurier Grübel

Dass Grübel am Gewinnziel von 15 Milliarden Franken festhalte, sei ebenso unverständlich wie die Tatsache, dass der UBS-CEO erneut Risiken in der Investmentbank auftürme; nota bene dort, wo die Bank in den Eisberg gerast war.

«Die obersten Strategen der UBS, Grübel und Villiger, haben es verpasst, die Weichen rechtzeitig so zu stellen, dass die UBS unter den neuen Vorzeichen mit höheren Kapitalanforderungen und stärkerer Kontrolle erfolgreich wird», folgert die Zeitung. «Stattdessen wurden Hunderte von Leuten neu angestellt, um im grossen Casino der Wall Street voll mit dabei zu sein.»

Grübel wird als Dinosaurier bezeichnet, der einzig wegen seinem irrwitzigen Gewinnziel gegen harte Eigenkapital-Auflagen ist. Ins Bild würde Grübels Fundamentalkritik an der Schweizer «Too Big To Fail»-Lösung passen, mit viel Eigenkapital einen zweiten Crash zu verhindern.

Perlt die Kritik, die auch andernorts wächst, an Grübel ab? Hält der UBS-Chef dem Druck stand? Bisher galt er als der coolste aller Banker. «He couldn’t care less», nennen dies die Angelsachsen.

Politik sieht bei UBS rot

Doch der Druck ist gross, denn die Politik sieht beim Namen UBS immer noch rot. Zwar war es jüngst die CS, die Bern mit neuen Zahlen zum minimalen Eigenkapital vor den Kopf stiess.

Doch die Warnung vor globalem Wettbewerbsverlust wurde nicht CS-Chef Brady Dougan, der sich im «Magazin» des «Tages-Anzeigers» in Dressman-Pose ablichten liess, um die Ohren geschlagen. Sondern es ist immer Grübel, auf den eingedroschen wird.

An der Generalversammlung Ende April versuchte sich der UBS-Frontmann zu erklären. Es gehe ihm nicht so sehr um die Bank, sondern vor allem um die Schweiz. Die Banken seien zu wichtig für das Land, als dass man sie durch ungleich lange Spiesse im internationalen Wettbewerb gefährden sollte. Nicht den Ast absägen, auf dem wir sitzen.

Für Grübel ungewohnt ist, dass seine warnenden Worte kaum konstruktiv diskutiert werden. Man will solcherlei schlicht nicht hören von jener Bank, die einem so viel Ärger, Schweiss und Angst zugemutet hatte. Nach ihrem Debakel soll die UBS vor allem eines: auf den Mund sitzen und sich brav auf die Schweiz und die Vermögensverwaltung konzentrieren. Nix mehr Casino-Banking!

Im Aufwind

Kann sich Grübel gegen die Meinungsmasse stemmen? Das ist die entscheidende Frage. Dass er komplett anderer Meinung ist und findet, die UBS habe nur dann eine Existenzberechtigung, wenn sie mit den weltweit grössten Banken mithalten kann, ist unbestritten.

Grübel hat durchaus Chancen. Erstens ist die CS eine Verbündete. Die zweite Grossbank profitiert von ihrem UBS-Windschattendasein, wird aber bald wieder als grosse Investmentbank mit all ihren Risiken wahrgenommen. Dann kann die ewige Schelte rasch von der UBS auf die CS überschwappen.

Wichtiger ist, dass Grübels UBS Fahrt aufgenommen hat. Im 1. Quartal hat die Bank insbesondere im umstrittenen Zinsengeschäft innerhalb der Investmentbank, jenem Teil, der heute medial unter Beschuss gerät, ein ansprechendes Resultat erzielt.

Somit steht Grübel vor der Aufgabe, die Welt von sich und seinen Argumenten zu überzeugen. In der Vergangenheit ist ihm dies meistens gelungen. Im Moment laufen die Wetten gegen ihn. Womöglich weckt das aber sogar seinen Kampfwillen.


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