Bank Julius Bär: Ablasshandel kann teuer werden

20minuten.ch (14. April 2011) – 50 Millionen Euro hat die Privatbank Julius Bär gezahlt, um sich vor einem Steuerverfahren in Deutschland zu retten. Doch der Deal könnte das Finanzinstitut bald noch ein Vielfaches mehr kosten.

Für eine Privatbank wie Julius Bär sind negative Schlagzeilen besonderes Gift. Um das zu vermeiden, werfen die Verantwortlichen gerne etwas Geld auf. Wieviel Bär die Reputation Wert ist, zeigt der heutige Deal mit Deutschland.

50 Millionen Euro zahlt die Bank, um drohende Verfahren rund um ihre Steuerhinterziehungs-Mithilfe einzustellen. Bärs Scheckbuch-Lösung wirkt elegant und clever und könnte zum Vorbild werden. Heute ist die Busse ein Thema, schon morgen erinnert sich kaum mehr jemand daran.

Nicht leiden wie die UBS

Schadensbegrenzung lautet die Strategie. Die Bär-Chefs sagten sich, dass ohne Deal eine never-ending Story à la UBS drohe. Schuld anerkennen, Busse zahlen, nach vorne schauen – das ist mehr Wert als eine Einmalzahlung.

Wir erinnern uns: Die UBS musste sich nach monatelanger Leidenszeit Anfang 2009 mit einer Rekordbusse in den USA freikaufen und handelte sich trotzdem ein riesiges Imageproblem ein. Auch der Ruf der CS leidet derzeit unter den deutschen und amerikanischen Ermittlungen.

Auch Glück im Spiel

Warum Julius Bär schaffte, was UBS und CS misslang, hat zwei Gründe. Zum einen ist Glück im Spiel. Die UBS als Branchenprimus mit grosser Präsenz in den USA war für die USA ein besonders attraktives Ziel. Das Schweizer Bankgeheimnis liess sich nur mit einem Frontalangriff auf die Nummer eins schleifen. Die CS als zweite Grossbank eignete sich für die folgende Angriffswelle.

Banken wie Julius Bär profitierten davon, indem sie erst später auf den Radarschirm der Ermittler kamen. Das nutzte die Bär-Führung, und dafür gebührt ihr Lob. Sie kappte die Seile, zog sich aus dem Geschäft mit reichen US- und EU-Bürgern und ihren nicht versteuerten Vermögen zurück und streckte die Fühler aus, um im Stillen einen Deal mit den Behörden auszuhandeln.

Büchse der Pandorra

Sind die Bären damit aus dem Schneider?Kaum. Was Europa angeht, signalisiert Bär mit der heutigen Bussenlösung, dass die Bank zur Bereinigung der eigenen Vergangenheit bereit ist, das Portemonnaie weit zu öffnen. Weitere Deals mit EU-Nachbarn könnten folgen. Wie problematisch dies wäre, würde von den Summen abhängen, die Bär fürs Loskaufen aufwerfen müsste.

Was die US-Vergangenheit betrifft, fällt eine Prognose schwieriger. Die Amerikaner bedrängen derzeit die CS, was in einem baldigen Deal mit vermutlich hoher Busse enden könnte. Dass auch gegen Bär ermittelt wird, lässt sich aus Aussagen von US-Anwälten schliessen. Diese berichten, dass Justizbeamte derzeit vor allem ehemalige Bär-Kunden über die früheren Praktiken bei der Schweizer Bank aushorchen. Je nach Szenario droht Bär nicht nur eine Busse, sondern auch eine mediale Schlacht mit entsprechenden Image-Gefaren.

Bei näherer Betrachtung birgt somit der prima vista elegante und clevere Ablasshandel von Julius Bär einige Gefahren. Insbesondere könnte er in der EU und den USA Begehrlichkeiten wecken, die im Einzelfall zwar tragbar sind, in der Summe aber zur nachhaltigen Belastung werden könnten.


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