Unterstützung für den Euro auf der Kippe

20minuten.ch (10. Januar 2011) – Schweizer Politiker liegen im Klinsch mit dem IWF. Es geht um die Frage, ob ein Kredit für die Euro-Armenhäuser die Lage verschlimmert. Heute fällt der Entscheid.

Heute Morgen beschliessen die Aussenpolitiker des Nationalrats über einen 16-Milliarden-Kredit der Schweiz an den Währungsfonds (IWF). Im Verlauf des Tages soll an einer Pressekonferenz informiert werden.

Die Wogen gingen im Vorfeld hoch. SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer forderte viel mehr als die am Montagabend eingeplanten knapp zwei Stunden für das Traktandum, Kommissions-Vorsitzende Christa Markwalder (FDP) wollte davon erst nichts wissen. Anscheinend konnte sich die SVP aber durchsetzten: Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, wurde die Diskussion auf heute Dienstagmorgen ausgedehnt.

Bereits im Dezember machte die «Weltwoche» publik, wie Nationalbank und Spitzenpolitik auf eine schnelle Kreditfreigabe hinarbeiteten. Es entstand der Eindruck, die obersten Behörden würden ein gigantisches Kreditgeschäft durch das Parlament boxen wollen.

Intensiviertes Lobbying

Inzwischen wurde das Tempo zwar gedrosselt und der Entscheid auf die März-Session verschoben. Doch das Lobbying hat sich weiter intensiviert.

So sagte der Schweizer IWF-Spitzenmann René Weber am Sonntag der Zeitung «Sonntag» auf die Frage, ob eine Verweigerung die IWF-Kaderposition der Schweiz – diese steht einer Ländergruppe vor – gefährde: «In der Sache besteht kein unmittelbarer Zusammenhang. Eine Ablehnung wäre aber kaum vereinbar mit dem Anspruch der Schweiz, ein verlässlicher und glaubwürdiger Partner in der internationalen Währungszusammenarbeit zu sein.»

Der gute Ruf des Landes stehe auf dem Spiel, lautet das Argument Webers. Doch im Kern geht es um Anderes, wie er selber auch klar macht. «Die Überschuldung der öffentlichen Haushalte im Euroraum ist für uns tatsächlich die Hauptsorge», erläutert er. Und: «Die Kombination von hoher Verschuldung, hohen Zinsen und tiefem Wachstum verheisst nichts Gutes. Weil die Banken im Euroraum wichtige Gläubiger Griechenlands und Irlands sind, besteht die Gefahr eines Übergreifens der Schuldenkrise auf die gesamte Eurozone.»

Dominoeffekt

Das zuständigen Berner Sekretariat für Internationale Finanzfragen (SIF) bestätigt, dass eine nächste Rettungsaktion – nach Irland und wohl bald Portugal – die vorhandenen IWF-Mittel übersteigen könnte.

Gefährlich würde es, griffe die Finanzkrise auf Spanien über. Fällt die grosse EU-Nation als nächster Dominostein und muss von der Staatengemeinschaft gestützt werden, braucht es – so zumindest sagen die Verantwortlichen – den gigantischen Kredit, dem die Schweiz als wichtiges IWF-Mitglied möglichst rasch zustimmen soll.

Warum die Schweiz in diesem Fall mithelfen soll, ist für Nationalbank, Bund und bürgerliche Parteien klar. Die Schweiz hänge als wichtiger Handels- und Finanzpartner der EU mittendrin. Ein Crash an der Euro-Peripherie würde uns teurer zu stehen kommen als ein Abschreiber auf die 16 Milliarden.

Doch hilft der IWF-Schutzschirm zusammen mit den anderen Rettungspaketen wirklich? Oder macht jedes Milliarden-Paket die Lage nur noch schlimmer, weil sich die Investoren nach Griechenland, Irland, vermutlich Portugal und vielleicht Spanien auf das nächste Land, beispielsweise Italien, stürzen würden?

Die zentrale Frage lautet deshalb: Kommt die Abwärts-Spirale von Rettungsversprechen und Gegenschlag der Märkte erst dann zum Stillstand, wenn sich die Gläubiger – und das sind insbesondere die grossen Banken der EU-Machtzentren Frankreich und Deutschland – einen Teil ihrer maroden Griechenland-, Irland-, Portugal- undsoweiter-Kredite ans Bein streichen?

Trifft Letzteres zu, dient der IWF-Mega-Kredit, über den die Muster-Demokratie Schweiz richten wird, vor allem dem Gewinn von Zeit. Zeit für die grossen Banken Europas, ihre Bilanzen durch Gewinne und Kapitalaufnahmen so zu stärken, dass sie ihre faulen Kredite an die EU-Peripherie abschreiben können, ohne selbst erneut in Schieflage zu geraten.


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