Ihr Optimismus in Ehren, aber …

20minuten.ch (11. Januar 2011) – Eine Umfrage unter Top-Managern kommt zum Schluss: Krise ade, den Banken in der Schweiz gehts gut und das soll so bleiben. Ein paar Einwände.

UBS-Crash, altes Bankgeheimnis im Eimer, Razzien gegen Schweizer Banken – die Finanz- und Steuerkrise der letzten drei Jahre schien dem Finanzplatz den Garaus zu machen. Und jetzt dies. Die Beratungsfirma Ernst & Young (E&Y), die eng mit dem Bankenbusiness verbunden ist, kommt zu einem optimistischen Befund für die scheinbar arg geschundene Branche.

Vor allem die Euro-Krise und Steuerdeals mit den Nachbarn würden die Banken jubilieren lassen, schreiben die E&Y-Berater in ihrer am Dienstag publizierten Studie. Basis dafür bilden Gespräche vom letzten Dezember mit 60 Top-Leuten von Kantonal-, Privat-, Regional- und Auslandbanken in allen drei Sprachregionen. Dabei bezeichnen 90 Prozent das zurückliegende Jahr als ziemlich bis sehr gut, für 2011 sind sogar 92 Prozent zuversichtlich.

Kein Wölklein trübt den Himmel

In den Augen der Spitzenleute stehen sämtliche Ampeln auf Grün.

– Die Abgeltungssteuer, mit dem die Branche ihr Rest-Bankgeheimnis zu retten versucht, finden die meisten vorteilhaft, auch wenn einige Player die Waffen strecken müssten.
– Die Kredite fliessen, die Wirtschaft läuft, Rückstellungen dürften überblickbar bleiben.
– Ein Immobilien-Crash steht nicht vor der Tür.
– Die Börsen boomen, die Zinsen bleiben tief, der Franken hart.

Eitel Sonnenschein also, auch wenn die Gewinne wegen dem verschärften Konkurrenzkampf sinken werden, wie eine Mehrheit vermutet. Halb so schlimm, auch so bleibt das Finanzgeschäft profitabel.

Gestärkt aus der Krise?

Und das Beste: Krise ade, die Schweiz gehe gar gestärkt aus ihr hervor. Warum? Ganz einfach, finden die Banker: Wenig Staatsschulden, eine stabile Politik, und natürlich ein Super-Franken.

Klagt die Exportindustrie über die starke Währung, die aus Konkurrenzgründen zwingt, die Kosten zu trimmen, reibt sich nämlich der Finanzplatz die Hände. Ausländer suchen in Krisenzeiten Schutz im sicheren Franken-Hafen und verschieben Vermögen in die Schweiz.

Augen zu und durch?

Trotzdem: Nach der gigantischen Finanzkrise fragt sich, ob da eine Industrie die goldene Vergangenheit naiv in die Zukunft fortschreibt oder gar bewusst die Augen vor Ungemach verschliesst.

Der Franken ist nur so stark, wie Euro und Dollar schwach sind. Für Experten ist der Euro fundamental unterbewertet. Dereinst könnte der Franken als sicherer Hafen ausgedient haben.

Ob die Europäer ihr Geld auf Schweizer Bankkonten belassen, wenn sie dieses nach Bezahlung eines Ablasses für vergangene Steuersünden frei verschieben können, muss sich ebenfalls noch weisen.

Konkurrenz hat aufgeholt

Schliesslich hat die Konkurrenz aufgeholt. Singapur ist ein Vermögenszentrum, das sich ebenfalls durch gesunde Staatsfinanzen und politische Stabilität auszeichnet. Und in Miami nehmen es die Amerikaner mit lockerem Schwarzgeldumgang nicht so ernst.

Am Ende ist klar: Die Zeiten, als vermögende Ausländer ihr Geld ungeachtet der Leistung ihres Schweizer Bankers bei uns bunkerten, sind vorbei. Qualität in der Beratung, gute Produkte und Kundenfokus werden den Ausschlag geben, wo das viele Geld landen wird.

Sind die Schweizer Vermögensverwalter fit dafür? Ihre Chefs haben keine Zweifel, sagt die neue Studie. In ein paar Jahren werden wir mehr wissen.


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