Neue FDP ist wieder gute alte Banken-Partei

20minuten.ch (13. Juli 2010) – Im Frühling forderten die Freisinnigen eine Weissgeldstrategie, heute präsentieren sich ihre Exponenten als Bankgeheimnis-Vertreter der alten Schule.

War da was? Nach den Wirren um die UBS und die Angriffe des Auslands auf das Schweizer Bankgeheimnis präsentierte eine freisinniger Stosstruppe um FDP-Präsident Fulvio Pelli eine Weissgeldstrategie. Der Schweizer Finanzplatz sollte nur noch versteuerte Vermögen von ausländischen Kunden akzeptieren.

Nach lautem innerparteilichen Aufschrei verabschiedete die Partei im April einen abgeschwächten Vorschlag. Nun fordert die FDP-Führungsriege gar, dass fast alles beim Alten bleibt: Steuerhinterziehung als Gentleman’s Delikt, automatischer Datenaustausch niemals, dafür eine Abgeltungssteuer, und zwar auch zur Nachbesteuerung des vielen Schwarzgeldes auf hiesigen Konten. Dafür erwartet die FDP freien Marktzutritt für Schweizer Finanzinstitute in der EU.

Kurzer Freisinn-Frühling

Der Bahnhofstrasse keine weiteren Steine in den Weg legen, lautet das FDP-Motto, hingegen sollen Datendiebe die volle Härte des Gesetzgebers spüren. Wer Schweizer Kundendaten ausländischen Behörden zuhält, soll bis zu 5 Jahre lang hinter Gitter kommen.

Für eine Wirtschaftspartei wie die FDP ist der Forderungskatalog nicht überraschend, wäre da nicht der Aufbruch vor ein paar Monaten gewesen. Nun geht dieser als kurzer Freisinn-Frühling in die Annalen ein. «Wir begehen keine Fahnenflucht, wenn es schwierig wird», begründet FDP-Fraktionschefin Gabi Huber die neu-alte Haltung ihrer Partei.
Kampf um verlorenes Terrain?

Solche Zickzackkurse gehören zur Politik, erinnert sei an das SVP-Stück rund um den UBS-Staatsvertrag. Im Unterschied zu solch taktischen Manövern stellt sich beim FDP-Slalom ums Bankgeheimnis die Frage, ob die Strategie eine Totgeburt ist.

Kämpft die unter Wählerschwund leidende Partei um längst verlorenes Terrain?, lautet die Kernfrage. Die jüngsten Ereignisse deuten darauf hin. Allein die Anstrengungen der USA lassen für ausländische Kunden mit Vermögen in der Schweiz, also Offshore-Kunden, nichts Gutes erahnen.

Offshore zur Steuerhinterziehung ist Auslaufmodell

Mit neuen Gesetzen zwingt die Supermacht alle ausländischen Banken, Steuerschlupflöcher für vermögende US-Bürger zu schliessen. Finanzhäuser wie die St. Galler Bank Wegelin, die explizit nicht zum verlängerten Arm des US-Steuersheriffs werden wollen, müssen die Vereinigten Staaten, immerhin grösster Finanzplatz der Welt, vollständig meiden. Wegelin-Kunden können seit kurzem keine Investments mehr in US-Wertpapiere tätigen.

Aus Übersee drohen zudem weitere Angriffe im Stil des UBS-Feldzugs. Bereits ins Visier geraten sind Kunden der britisch-asiatischen Grossbank HSBC. Zuhilfe kommen den Ermittlern Tausende von Namen von Kunden, Vermögensverwaltern, Steuerberater und Treuhänder, die ihnen im Zuge der UBS-Affäre zu Ohren gekommen sind.

In der EU präsentiert sich die Lage für die Schweizer Offhore-Industrie nicht vorteilhafter. Von der Schweizer HSBC-Filiale stammen Tausende von Kundennamen, die gleich mehrere Länder interessieren. Frankreich will diese Daten nicht nur für eigene Ermittlungen gegen Steuersünder nutzen, sondern stellt sie auch gleich ihren EU-Nachbarländern Spanien und Italien zur Verfügung. Und Deutschland macht mit eigenen Gesetzesverschärfungen und Käufen von gestohlenen Schweizer Bankdaten enorm Druck auf die Schweiz.

Wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte

Allein diese Beispiele zeigen, dass es den Staaten Ernst ist mit einer kompromisslosen Verfolgung ihrer Steuersünder. Zur Strategie gehört dabei die Vertreibung von Vermögenden aus Offshore-Paradiesen wie jenes der Schweiz.
Mitten in diese Grosswetterlage verkündet nun die FDP ihre harte Haltung. Das mag wahltaktisch klug sein. Doch der Trend zu steuerkonformem Banking mit deklarierten Geldern lässt sich durch markige Slogans nicht mehr aufhalten.

Banken, die mit ihrem Geschäftsmodell in der alten Bankgeheimnis-Welt verhaften bleiben, dürften dereinst von der Geschichte bestraft werden. Diesen Firmen müsste die FDP als Partei, die sich die Zukunft auf die Fahnen geschrieben hat, zu rascher Umkehr raten. Weil sie dies nicht tut, bleibt als Fazit: In ihrem Kerndossier Finanzplatz leiden die Freisinnigen unter beschränktem Horizont.


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