Kaspar Villiger, der gelehrige Schüler

20minuten.ch (14. April 2010) – UBS-Präsident Kaspar Villiger hat an seiner ersten GV auf heisse Fragen reagiert. Doch seine Antworten gleichen erschreckend jenen seiner Vorgänger.

Kaspar Villiger, 69, eröffnete die Versammlung mit einem ungewollten Lacher. «Willkommen in der Sankt-Jakobs-Halle hier in Zürich», sagte der UBS-Präsident. Im Saal bricht Gejohle und Gelächter aus, «Basel, Basel», tönt es aus den Rängen. Villiger reagiert elegant. «Ich wollte nur testen, ob Sie schon aufmerksam sind.»

Damit war das Eis gebrochen, Villiger wirkte locker, aber konzentriert, er redete bestimmt und zeigte sich gewillt, die schwierigen Positionen der UBS-Spitze bei den Aktionären durchzubringen, ohne selbstkritische Gedanken zu unterdrücken.

Oberste Politik verlangte Verzicht auf Décharge

Bundesrat und Bankenaufsicht hätten ihn gebeten, auf die beantragte Entlastung, die Décharge, des alten UBS-Managements zu verzichten. «Es fiel nicht leicht, diesen Empfehlungen nicht zu folgen, denn die Begründungen waren plausibel und nachvollziehbar», sagte Villiger, und fuhr fort: «Aber unsere vertieften Abklärungen haben ergeben, dass die nachträgliche Absetzung des Traktandums zu nicht zu unterschätzenden neuen rechtlichen Risiken geführt hätte.»

Die Passage war typisch für Villiger und die neue Crew unter CEO Oswald Grübel an der heutigen Generalversammlung. Man verstehe die Kritik, aber man habe die Vergangenheit aufgearbeitet und wolle unter diese nun einen Schlussstrich ziehen. «Es geht uns nur um die Wahrnehmung der Interessen der Gesellschaft und die Fokussierung auf die Zukunft», begründete Villiger.

So verständlich Villigers Wunsch ist: Er kam bei den meisten Rednern nicht gut an. Das hat sich der frühere Bundesrat und heutige oberste Banker der Schweiz weitgehend selbst zu verdanken. Villiger entpuppt sich mehr und mehr als gelehriger Schüler des operativen Managements der UBS, der in verständlichen und bodenständigen Worten verpackt, was im Interesse der Topshots liegt.

Verlust ist nicht gleich Verlust

Bezeichnend war die Diskussion um die immer noch stolzen UBS-Boni. Villigers Schlüsselaussage lautete: «Darf die Superleistung eines Einzelnen nicht honoriert werden, nur weil die Bank generell Probleme hat? Oder sollen jene nichts bekommen, die unter schwierigsten Umständen einen Verlust von minus zehn Milliarden auf minus eine Milliarde reduzieren, zum Beispiel bei den besonders schwierigen toxischen Papieren? Und die beim erfolgreicheren Konkurrenten für eine weniger anspruchsvolle Aufgabe vielleicht das Dreifache bekämen?»

Was Villiger damit meint: Ohne riesige Boni verliert die UBS ihre besten Leute und kommt nie mehr auf Touren. Das überzeugte viele Aktionäre nicht. Die Bank sei von hochbezahlten Managern in die Krise geführt worden, meinte Rudolf Weber, Stammredner an UBS-Generalversammlungen. «Und nun will man uns weismachen: Wenn wir keine Boni bezahlen, dann gehen die besten Leute zur Konkurrenz.» Der laute Applaus zeigte, dass die Kritik von breiten Kreisen geteilt wird.

Das Verständnis für die Zahlungen ans Management war generell gering. Ethos-Geschäftsführer Dominique Biedermann, ein kritischer und konstruktiver Vertreter von Aktionären, die sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben haben, forderte die Versammlung rundweg auf, Nein zum Vergütungsbericht der UBS und damit zu den Boni-Plänen des Managements zu stimmen. «Herr Villiger, Sie haben eher den Forderungen der Geschäftsleitung nachgegeben als den Willen der Aktionäre respektiert», sagte Biedermann.

Villiger nannte Grübel fünfmal beim Namen

Damit traf Biedermann Villigers wunden Punkt. Der Alt-Politiker und Neo-Banker vertrat bisher keine eigenständigen Positionen, sondern stellte sich mit seiner Glaubwürdigkeit und seiner Persönlichkeit schützend vor das oberste Management und vertrat in deren Namen unpopuläre Anträge.

Warum tut er dies, warum spricht Villiger immer von Teams, die von der Konkurrenz weggelockt würden und der UBS daher Gewinne wegbrechen würden? Warum macht er nicht einmal die Probe aufs Exempel und prüft, ob tatsächlich viele gute Leute abspringen, wenn der Bonus tiefer ausfällt als gewohnt? Von völligem Verzicht spricht ja niemand.

Möglicherweise fühlt sich Villiger dem grossen UBS-Zampano und operativen Chef Grübel unterlegen und versucht, diesem durch besonders eilfertiges Verhalten zu gefallen. Ein Indiz weist in diese Richtung: Villiger nahm den Namen Grübel in seiner Rede fünfmal in den Mund und lobte dabei seinen CEO über den grünen Klee. Und wie oft nannte Grübel seinen Präsidenten beim Namen? Null, zero.


Einen Kommentar schreiben