Der kleine grosse Unterschied

20minuten.ch (11. Februar 2010) – Die Grossbank Credit Suisse hat gezeigt, was sie kann. 6,7 Milliarden Gewinn für 2009, Zufluss von 44 Milliarden neuer Vermögen, die Aktionäre kriegen eine Dividende. Es gibt keine Zweifel: Die CS hat sich als führende Adresse in der neuen Finanzlandschaft etabliert und verweist Konkurrentin UBS für lange Zeit auf Platz 2.

Das Bild des Segelwettbewerbs drängt sich auf. Während die Credit Suisse am Horizont verschwindet und auf Kurs Richtung Finanzspitze ist, hat Konkurrentin UBS gerade mal die Startlinie überquert. Die heute von der CS publizierten Zahlen machen das in aller – und für die UBS brutaler – Deutlichkeit klar.

CS-Reingewinn 6,7 Milliarden; UBS-Reinverlust 2,7 Milliarden. CS-Vermögenszufluss 44 Milliarden; UBS-Vermögensabfluss 147 Milliarden. CS zahlt eine Dividende für die Eigentümer, bei der UBS müssen sich die Aktionäre gedulden.

13 000 Franken versus 8600 Franken

Wie gut die CS im Schuss ist und die UBS im Rennen um die vordersten Plätze im Global-Banking abgehängt hat, zeigt die Rendite auf die verwalteten Vermögen, eine der wichtigsten Zahlen zur Leistungsbemessung. Die CS nimmt auf jede Million, die sie betreut, die Summe von 13 000 Franken ein. Und die UBS? Da waren es im letzten Jahr gerade mal 8600 Franken. Aus Sicht der UBS sind das 50 Prozent weniger. 50 Prozent, das ist eine halbe Welt.

Was macht die CS besser? Kurz gesagt: Alles. Sie verdient mehr Geld, sie geniesst mehr Vertrauen bei Kunden, Mitarbeitern und Investoren, sie verfügt über ein eingespieltes Managementteam, und last but not least: Sie packt mit Zuversicht die Zukunft an.

CS im Vorwärtsgang

Anfang Woche gab sie eine Offensive im amerikanischen Vermögensverwaltungsmarkt bekannt. Sie will sich dort auf die reiche Klientel fokussieren, etwas, das die UBS mit einer teuren Übernahme vor zehn Jahren nie konsequent gemacht und es mit ihrem viel grösseren US-Geschäft bis heute auf keinen grünen Zweig geschafft hat.

Ein scheinbarer Wermutstropfen sind die letzten drei Monate von 2009, in denen die CS einen Gewinn von «nur» 0,8 Milliarden erwirtschaftet hat, weniger als die UBS mit 1,2 Milliarden. Doch selbst im Jahresschlussspurt hat die CS unter dem Strich besser gearbeitet als ihre einst übermächtige Konkurrentin, wie eine genaue Analyse zeigt.

Eine Busse in Amerika schlägt mit einer halben Milliarde negativ zu Buche, während die UBS von einer Steuergutschrift in fast gleicher Höhe profitierte. Rechnet man diesen und andere Sonderfaktoren heraus, liegt die CS auch im vierten Quartal vor der UBS.

Gambling geht weiter

Ist das Modell der CS mit einer auf Langfristigkeit gebauten Vermögensverwaltung und einer erratischen Investmentbank mit viel Eigenhandel also doch nachhaltig? Straft die CS mit ihrem guten Jahresabschluss jene Kritiker Lügen, die eine Aufteilung fordern, um nie mehr Gefahr zu laufen, dass die Schweiz für riskante Wetten einer der beiden Grossbank geradestehen muss?

Kurzfristig wird die Kritik nicht verstummen, im Gegenteil: Die CS weist für 2009 einen rekordverdächtigen Gewinn für ihr Handelsgeschäft aus. Vor Abzug der Steuern machte die Bank allein in dieser umstrittenen Sparte 6,8 Milliarden Gewinn. Sie profitierte von einem perfekten Umfeld im Nachgang zur Krise. Die Notenbanken pumpten enorme Mengen an Gratisgeld ins System, das bei einer risikoarmen Anlage von wenigen Prozentpunkten zu stolzen Gewinnen führte.

Zudem war die CS nie derart «subprime»-geschädigt wie die UBS, ihre Verluste in der Krise gingen zwar ebenfalls in die Milliarden, lagen aber trotzdem weit unter den 57 Milliarden Dollar, welche die UBS mit ihren Häuserspekulationen in den USA verspielt hatte. Vergleichsweise gestärkt, konnte die CS vom letztjährigen Aufschwung an den Finanzmärkten also maximal profitieren.

Integriert or not integriert

Ende gut, alles gut bei der CS also? Soll die CS ihr scheinbar erfolgreiches integriertes Modell ungestört weiterführen können? Für 2009 weist sie dank dem Zusammenspiel von Vermögensverwaltung und Investmentbank einen Gewinn von über 5 Milliarden aus. Reiche chinesische Unternehmer zum Beispiel, die ihre Firma mit Hilfe der CS an die Börse bringen und dadurch auf einen Schlag viel Geld einstreichen, werden intern der Sparte Vermögensverwaltung zugewiesen. So verdient die CS am gleichen Kunden zweimal.

Ein wichtiger Teil in der Diskussion werden die Boni sein. Und die geben bei der CS weiter zu reden. Insgesamt vergütet die Grossbank ihren Managern und Mitarbeitern stolze 6,8 Milliarden, davon 4 Milliarden in bar, der Rest in Instrumenten, die später und abhängig von der Zukunft zur Auszahlung kommen. Die hohe Bonussumme verstärkt den Eindruck, dass Grossbanken wie die CS wieder zur alten Untugend zurückgekehrt sind: In guten Jahren den Reibach fürs Management, in schlechten Zeiten die Risiken für die Gesellschaft.

Doch auch hier fällt der Vergleich mit der UBS zugunsten der CS aus. Die 4 Milliarden in bar sind mit den 3 Milliarden Bonus zu vergleichen, welche die UBS vor zwei Tagen publiziert hat. Der Unterschied ist angesichts des unendlich viel besseren Leistungsausweises der CS minim. Einmal mehr: Die UBS zeigt sich trotz schwacher Leistung grosszügig gegenüber dem eigenen Personal, während die CS ihrem Credo, nur bei guten Resultaten Boni auszuschütten, eher nachlebt.

Der entscheidende Unterschied

Der heutige Tag hilft dem führenden Finanzmulti der Schweiz, die Diskussion um die zu grossen Grossbanken abzukühlen. Am Kern des Problems, dass eine relativ kleine Volkswirtschaft wie die Eidgenossenschaft eine Bank wie die CS im Ernstfall nur schwer retten kann, ändert dies nichts. Doch zumindest im Moment hat die CS-Leitung mit ihrer Arbeit gezeigt, dass es einen entscheidenden Unterschied gibt zwischen den Häusern. Jene, die ihr Geschäft verstehen, und solche, die nur so tun.


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