«Ospel und Kurer wollten UBS nicht ruinieren»

20minuten.ch (15. Dezember 2009) – Der Zürcher Wirtschafts-Staatsanwalt Peter Pellegrini spricht die früheren UBS-Chefs frei. Im Interview mit 20 Minuten Online nimmt er dazu Stellung: Ospel und Co. hätten die Bank nicht mit Absicht schädigen wollen.

Herr Pellegrini, warum verzichten Sie auf eine strafrechtliche Untersuchung gegen Marcel Ospel, Peter Kurer und weitere Ex-Chefs der UBS?
Peter Pellegrini: Es gibt keinen Anfangstatbestand in der Schweiz. Das sieht in den USA anders aus, dort wurden Regeln und Gesetze verletzt. Aber nicht bei uns.

Die UBS erlitt einen immensen Reputationsschaden, die Schweiz verlor das Bankgeheimnis, alle Privatbanken müssen sich neu orientieren. Und Sie sagen, alles war legal. Wer soll das verstehen?
Wir müssen uns ans Recht halten. Zuletzt gings um Artikel 158 und die Frage der ungetreuen Geschäftsbesorgung. Dass in den USA Gesetze verletzt wurden, ist per se kein Vergehen in der Schweiz. Es fragt sich hingegen, ob dieses Gebaren auch bei uns zu schweren Schäden geführt hat. Und da wirds schwierig.

Weil die Schweiz alles erlaubte?
Man kann es so sagen. Bei der UBS waren keine Einzelpersonen im US-Offshoregeschäft am Werk, sondern es gab Stäbe, Rechtsanwälte, Marketingleute, Vorgesetzte, Kundenberater. Wir müssen die Taten aus damaliger Sicht beurteilen, nicht mit dem heutigen Wissensstand. Und damals war eben das UBS-Geschäftsmodell in der Schweiz legal und wurde im kleineren Ausmass auch von anderen Banken betrieben.

Viele Bürger erwarteten eine strafrechtliche Untersuchung. Verzichten Sie nun aus voller Überzeugung auf die Eröffnung einer Untersuchung, oder bleibt eine gewisse Unsicherheit?
Ja. Mit unserem jetzigen Kenntnisstand bin ich zu 100 Prozent überzeugt, dass wir richtig handeln, wenn wir nicht weiter untersuchen und keine Anklage erheben.

Hatten Sie Druck von der Oberstaatsanwaltschaft, möglichst kein Verfahren zu eröffnen?
Nein, nie. Wir sind nur unserer eigenen Einschätzung gegenüber verpflichtet. Ich darf keinen Prozess anstreben, wenn ich keine Chance sehe zu gewinnen.

Sie sagten im Sommer, eine strafrechtliche Aufarbeitung des US-Steuerdebakels der UBS könnte einen Reinigungseffekt haben. Davon ist keine Rede mehr.
Zur damaligen Aussage stehe ich auch heute noch. Aber ich muss etwas in der Hand haben für einen Prozess.

Ohne offizielles Ermittlungsverfahren können Sie nicht in die Bank reinschauen. Sie lösten also nicht einmal den ersten Schritt aus.
Wir hatten es mit einem Novum zu tun. Was passierte, war dank den umfangreichen Ermittlungen der Amerikaner und auch der Schweizer Behörde klar, der Sachverhalt lag also auf dem Tisch. Wir brauchten kein weiteres Material aus der Bank heraus für unseren Entscheid.

Warum brauchten Sie dann so lange für den Beschluss, nicht weiter zu ermitteln?
Weil wir es hier mit völlig neuen Rechtsfragen zu tun haben, für die es keine Handlungsanweisungen aus dem Büchlein gibt. Und es ging um eine grosse, wichtige Angelegenheit für die Schweiz.

Am Ende bleibt der Zwiespalt, dass die USA die obersten UBS-Führungleute zu systematischen Betrügern stempelten, während die Zürcher Strafermittler diese von jeglicher Schuld freisprechen. Müssten denn bei einem solchen Debakel nicht die verantwortlichen Köpfe für das verheerende Resultat geradestehen?
Moralisch vielleicht, zivilrechtlich allenfalls. Aber nicht strafrechtlich. Wir müssen uns fragen: Was wollten sie? Und die Antwort lautet eben: Ospel und seine Leute wollten die UBS bestimmt nicht ruinieren.

Ist nun die Klage der SP gegen Ospel und Kurer vom Tisch?
Ja, die wird nicht weiter bearbeitet.

Was kostete die ganze Ermittlungsarbeit in der Causa UBS bisher?
Wir hatten praktisch keine externen Aufwände , sondern nur die Lohnkosten der Mitarbeiter. Teilweise waren vier Staatsanwälte mit der UBS beschäftigt. Ich persönlich habe noch nie eine derart intensive Vorarbeit erlebt. Die aber der Sache absolut angemessen war.


Einen Kommentar schreiben