Wie ein Steuerhinterzieher zum Betrüger wurde

20minuten.ch (17. November 2009) – 4450 US-Kunden der UBS, die eine Million Franken oder Offshore-Strukturen in Finanzparadiesen hatten, werden den US-Behörden ausgeliefert. Auch William*, er versteckte sein Geld vor seiner Ex-Frau.

Dass er ein Steuerhinterzieher war, wusste er. Dass er ein Betrüger sein soll, nicht. Der pensionierte Arzt aus New York hatte Glück im Beruf und Pech in der Ehe. Die ging 1970 in Brüche, es kam zum Streit. Eines Tages war Williams Konto bei einer grossen US-Bank in Manhattan blockiert. Seine Ex hatte dies verlangt.

Der Amerikaner wollte einen Ozean zwischen sein Geld und die Ex-Frau legen. Er betrat das Swiss Center und fragte die freundliche Mitarbeiterin des Schweizerischen Bankvereins, ob er sein Geld in der Schweiz anlegen könne. Kein Problem, meinte diese, und nahm Williams 60 000 Dollar in Cash in Empfang.

Alles versteuert, ausser die Vermögenserträge

William kriegte wenig Zinsen, dafür viel Sicherheit. Er brachte regelmässig neues Bargeld zur Schweizer Bank und freute sich über das Wachstum seines geheimen Schatzes, von dem nur er und seine Bank wussten. Das einbezahlte Geld war versteuert, einzig die Erträge sackte William schwarz ein. Dieses Risiko nahm der Amerikaner bewusst in Kauf.

Als der Bankverein in der UBS aufging, rief ein Kundenberater aus der Schweiz an. Man traf sich zum Lunch in New York, der Bankier legte Tabellen und Kurvendiagramme auf den Tisch, William rieb sich die Hände über sein Konto. Das Vertrauen in seine Bank wuchs, und William begann, in Wertschriften zu investieren. Er sei gierig geworden, sagt er.

Als William sein New Yorker Haus verkaufte, wurde er reich. Er liess sich den Check auszahlen und trug das Bargeld in einer Tasche zu seinem Schweizer Kundenberater. Der machte vermutlich eine sogenannte Kompensationszahlung, um Williams Geld in die Schweiz zu bringen.

Ein anderer US-Kunde der UBS erhielt Williams Geld, dafür wurde es Williams Konto in der Schweiz gutgeschrieben. UBS-Kundenberater bestätigen, dass solche Kompensationsgeschäfte getätigt wurden.

Die Falle schnappt zu

Einmal erhielt William Post von der UBS, das war Anfang des neuen Jahrtausends, als die Bank dem Qualified-Intermediary-System der US-Steuerbehörden beitrat. William war das egal, er unternahm nichts.
Erst im Sommer 2008 schreckte er auf, als ihn die Bank informierte, dass sie sich nach Verfehlungen aus dem US-Offshore-Geschäft zurückziehen würde.

Enttäuschung nach 30 Jahren

Auf Anraten seines externen Beraters zog William sein Geld von der UBS ab und wechselte zu einer anderen Schweizer Bank ohne Präsenz in den USA. 2009 erhielt William erneut Post von der Grossbank. Er traute seinen Augen nicht. Die Bank war bereit, seine Daten an die USA auszuhändigen – nach 30 Jahren Partnerschaft und Tausenden Franken an Gebühren, die er der UBS bezahlt hatte.

«Die Schweiz hatte ein uneinnehmbares Bankgeheimnis, das war ihr Pièce de résistance», hadert William mit der Offenlegung seiner Daten. «Jetzt wirft sie alles, was sie ausgezeichnet hatte, über Bord. Und mich auch.»

* Name geändert


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