Das Märchen von den gut kapitalisierten Banken

20minuten.ch (24. November 2009) – Die Ratingagentur Standard and Poor’s bringt Licht in den kritischen Punkt des Eigenkapitals von Grossbanken. Sowohl die UBS als auch die CS haben zu wenig davon. Diese weisen andere Zahlen aus, die sie in bestem Lichte präsentieren. Doch damit ist in einem Jahr Schluss.

Die Ratingagentur Standard and Poor’s (S&P) hat gestern eine Aufsehen erregende Rangliste von 45 grossen Finanzkonzernen publiziert. Als Basis dient das von der Agentur berechnete risiko-ajustierte Eigenkapital, auf Englisch «risk-adjusted capital» oder RAC. Der RAC nimmt weniger Rücksicht auf bankinterne Modelle und gewichtet die Risiken stärker als die heute geltenden internationalen Regeln.

UBS desaströs

Das Resultat ist aus Schweizer Sicht desaströs (UBS) respektive ungenügend (CS). Beide Grossbanken, die ihre Kapitalstärke bei jeder Gelegenheit hervorstreichen, liegen weit zurück.

Von den 45 von S&P bewerteten Finanzmultis ziert die UBS den drittletzten Platz, mit einem RAC von 2,2 Prozent. Schlechter als die Schweizer schneiden nur noch die amerikanische Citigroup und die japanische Mizuho ab.

Das miserable Abschneiden ist eine direkte Folge der eigenen Fehlspekulationen. Die Citigroup hat seit Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007 mit 100 Milliarden Dollar die höchsten Verluste aller Banken erlitten, dahinter folgen drei weitere US-Banken, bevor die UBS mit 53 Milliarden Dollar auf Platz 5 folgt als die am härtesten getroffene nicht-amerikanische Bank.

CS ungenügend

Auch die Kapitalstärke der zweiten Schweizer Grossbank Credit Suisse (CS) ist nicht das Gelbe vom Ei. Die CS liegt mit einem RAC von 6,9 Prozent auf Platz 24 von 45, sie schafft damit nicht einmal den Sprung in die obere Ranglistenhälfte. Immerhin befindet sich die CS mit der englischen Barclays Bank und der amerikanischen JP Morgan in guter Gesellschaft, alles Banken, die den Finanzsturm verhältnismässig gut überstanden haben.

An der Spitze des S&P-Rankings liegt die englisch-asiatische HSBC mit 9,2 Prozent vor den beiden vom Staat geretteten Dexia (Belgien, 9,0) und ING (Holland, 8,9) sowie der skandinavischen Nordea (Skandinavien, 8,8).

Das schlechte Abscheiden der Schweizer Grossbanken kontrastiert mit den hohen Werten beim sogenannten Tier-1. Obwohl sich diese Messgrösse in der Krise als untauglich erwiesen hat, wird sie von den Schweizer Grossbanken nach wie vor als Marketingmittel verwendet. UBS weist eine Tier-1-Ratio von 14 Prozent aus, die CS sogar eine von 16,4 Prozent.

Verschärfte Anforderungen

Doch das ist schon bald Schnee von gestern. Bis Ende Jahr wollen die Bankenaufseher das Eigenkapital-Regime verschärfen. Danach haben die Finanzmultis ein Jahr Zeit, bis sie die neuen Vorschriften umsetzen. Ab 2011 könnten die verschärften Anforderungen gelten.

Im Zentrum stehen zwei Anpassungen, die beide mehr Eigenkapital bedingen. Einerseits werden spezielle Anleihen, deren Zinszahlung in der Krise ausgesetzt werden können, nicht mehr für die Eigenkapitalberechnung akzeptiert. Andererseits führen die Risikoanpassungen zu höheren Gesamtinvestments der Banken, die mit mehr eigenen Mitteln abzufedern sind.

Was das für die UBS bedeutet, sagte Finanzchef John Cryan am Investorentag vor einer Woche. Die massgebliche Gesamtbilanzsumme könnte sich auf über 600 Milliarden Franken verdreifachen. Um ein genügend dickes Sicherheitspolster zu haben, müsste die UBS ihr Eigenkapital von gut 30 Milliarden auf 50 Milliarden Franken erhöhen. Selbst damit wäre die UBS noch nicht an der Spitze der grössten Finanzkonzerne, was die Eigenmittel-Unterlegung betrifft.


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