Der zähe Wiederaufbau der UBS

20minuten.ch (4. August 2009) – Nach dem heutigen Resultat der UBS für das zweite Quartal lässt sich das Fazit ziehen: Es geht langsam aber sicher aufwärts mit der Bank. Verluste von 1,4 Milliarden, Vermögensabflüsse von 17 Milliarden und ein gedämpfter Ausblick zeigen aber, dass der Weg noch weit ist.

Da, wo die UBS über 50 Milliarden Franken mit Schrott-Papieren verloren hatte, spricht die UBS heute von «Wiederaufbau». Das Wort, das an kriegsversehrte Städte erinnert, kann für die ganze Bank und ihren momentanen Zustand verwendet werden. Die Crew um CEO Oswald Grübel und Präsident Kaspar Villiger, die seit fünf Monaten am Werk ist, räumt die letzten Trümmer aus dem Weg und baut das zerstörte Haus neu auf.

Wie weit ist der Wiederaufbau?

Wo steht die Bank in diesem Prozess? Diese Frage kann mit der Publikation der heutigen Ergebnisse erstmals einigermassen zuverlässig abgeschätzt werden. Einerseits ist sie aus dem Gröbsten raus. Der Gesamtverlust von 1,4 Milliarden Franken liegt unter den pessimistischen Erwartungen, die 2 Milliarden überstiegen. Und wären nicht buchhalterische Effekte auf eigene Schulden (1,2 Milliarden) sowie Sanierungskosten (600 Millionen) und ein enttäuschender Goodwill-Abschreiber auf die verkaufte Brasilientochter Pactual (500 Millionen), läge die Bank vor Steuern gar mit fast einer Milliarde im Plus.

Wieder flossen Milliarden ab – ein Ende ist nicht in Sicht

Das klingt nach spürbarer Verbesserung und einem definitiven Ende der Krise. Wäre da nicht eine andere Zahl, die aufhorchen lässt und die für die Zukunft viel mehr aussagt als technische Ausschläge auf eigenen Schulden oder die Anpassung des Kostenkleids. Die Rede ist von den verwalteten Vermögen und deren Zu- respektive Abflüssen.

Bei der UBS sind es weiterhin die Abflüsse, die ihr Bauchschmerzen bereiten. Zwischen April und Juni zogen Kunden 16,5 Milliarden Franken ab – das ist mehr, als manche Schweizer Kantonal- oder Privatbank insgesamt verwaltet.

Die Bankenleitung bereitete die Öffentlichkeit auf diese Hiobsbotschaft vor, indem bei früherer Gelegenheit auf die Folgen des US-Steuerstreits verwiesen wurde, die einen negativen Effekt auf das Kerngeschäft Vermögensverwaltung hätten. Trotzdem überrascht die Höhe des Abflusses.

Vor allem Kunden im Ausland zogen ihre Gelder ab

In ihrem Communiqué versucht die UBS einen positiven Trend hervorzuheben. Von Januar bis März seien mehr, nämlich 23 Milliarden, abgeflossen. Ausserdem unterteilt sie die Abflüsse geographisch in solche aus der Schweiz (nur 0,2 Milliarden gingen verloren) und weltweit (16,3 Milliarden). Das könnte dahingehend interpretiert werden, dass vor allem ausländische Kunden steuerhinterzogene Gelder zu anderen Instituten verlagerten.

Doch solche Details können nicht davon ablenken, dass die Grossbank in ihrer Paradedisziplin stetig Marktanteile verliert und entsprechend weniger Erträge generiert.
In der Summe aller Vermögensabflüsse sieht die Lage noch düsterer aus. Im Asset Management, wo die Gelder der Profianleger wie Pensionskassen verwaltet werden, strömten über 17 Milliarden aus der Bank heraus, und in der separat ausgewiesenen Vermögensverwaltung für den Markt USA waren es fast 6 Milliarden. Insgesamt ergibt das fast 40 Milliarden, die weg sind und die nicht so schnell zur UBS zurückkommen dürften.

Vier Faktoren könnten neues Vertrauen bringen

Hier müssen Grübel & Co. dringend Besserung schaffen. Leichter gesagt als getan, dürften die UBS-Chefs antworten. Vier Faktoren könnten jedoch der Bank in der zweiten Jahreshälfte helfen, neues Vertrauen bei den Kunden zu gewinnen und die Negativspirale bei den Vermögensabflüssen zu durchbrechen.
Erstens ist der Steuerstreit mit den USA vom Tisch, zwar mit einem miserablen Resultat für die Schweiz und ihr Bankgeheimnis, doch über der UBS schwebt dieses Damoklesschwert nicht länger.

Zweitens baut die Bank sukzessive ihre Altlasten aus der Zeit der Kreditblase ab. Sie reduzierte ihre Bilanzsumme deutlich auf noch 1600 Milliarden.

Drittens stärkte sie durch frisches Kapital ihren Puffer für schlechte Zeiten und weist per Ende Juni eine Kernkapitalquote von 13,2 Prozent aus, womit sie praktisch die Vorgabe der Behörden für 2013 erreicht.
Viertens zählt sie mit verwalteten Vermögen von total 2250 Milliarden immer noch zu den ganz Grossen der Branche. Auf dieser stolzen Basis sollte sie dereinst genügend Einnahmen erzielen können, um nach zwei Jahren Krise und acht Quartalen mit Milliarden-Abschreibern endlich wieder schwarze Zahlen schreiben zu können.

«Noch keine nachhaltige Erholung»

Dass ein langer und steiniger Weg bleibt, daraus macht die Bankenleitung kein Hehl. Eine gegenteilige Einschätzung würde auch überraschen, darf doch die neue Crew auf keinen Fall falsche Erwartungen schüren.

Die Stimmung an den Märkten habe sich im zweiten Quartal aufgehellt, schreibt die UBS heute, trotzdem herrsche «in den meisten Regionen, in denen wir tätig sind, nach wie vor ein rezessives Umfeld». Und schliesst mit dem Fazit: «Eine nachhaltige Erholung ist noch nicht in Sicht.»
Wenn die Schäden riesig sind, kostet der Wiederaufbau viel Zeit.


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