Bankgeheimnis 2.0 als Chance statt Gefahr

20minuten.ch (13. März 2009) – Amtshilfe bei Steuerhinterziehung ist ein grosser Schritt für die Schweiz. Jetzt kann der Finanzplatz beweisen, dass er auch ohne besonderen Wettbewerbsvorteil besser als die Konkurrenz ist.

Andorra, Liechtenstein & Co. in Ehren, sagte kürzlich Willem Buiter, Professor an der renommierten London School of Economics: «Aber die Schweiz ist der grosse Preis.» Falle dort das Bankgeheimnis, dann hätten die Staaten, die Jagd auf die ausländischen Vermögen ihrer Steuersünder machten, den entscheidenden Durchbruch erzielt.

Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt mehr

Heute ist der Damm gebrochen und das Bankgeheimnis gefallen. Der Bundesrat hat beschlossen, dass die Schweiz bei ausländischen Auskunftsbegehren auf die Unterscheidung zwischen Betrug und Hinterziehung verzichten will. Wer seiner Steuerpflicht ausweicht, begeht von nun an auch bei uns kein Gentleman’s Delikt mehr.

Rund 1000 Milliarden Franken unversteuertes Privatvermögen aus aller Welt könnten nach Schätzungen auf Schweizer Bankkosten liegen. Damit würden die hiesigen Banken jährlich rund 10 Milliarden Franken Gewinne erzielen, was gegen zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) entspricht.

Bankgeheimnis-Gewinne können Rezession abfedern

Mit den Erträgen wird konsumiert, so dass vielleicht vier Prozent des BIPs vom Bankgeheimnis abhängen könnten – eine stolze Grösse in diesen schwierigen Zeiten mit einem prognostizierten BIP-Minus von 3 Prozent für das laufende Jahr. Bankgeheimnis-Gewinne haben oder nicht haben macht den Unterschied zwischen harter und extremer Rezession aus.

Doch die ausländischen Vermögen könnten uns, wenigstens zu einem stolzen Teil, erhalten bleiben. Sollten sie nämlich nur wegen der traditionellen Form des Bankgeheimnisses im Schweizer Hafen gelandet sein, dann müsste man sich um die Existenzberechtigung des hoch gelobten Schweizer Finanzplatzes echte Sorgen machen.

Unsere Tugenden pflegen

Die Branche wird bekanntlich nicht müde zu betonen, dass Werte wie die Neutralität, Sicherheit, starke Währung, breite Produktpalette, gut ausgebildete Leute und intakte Infrastruktur wichtiger seien als der weit reichende Schutz vor den Steuerhäschern.

Das neue Bankgeheimnis sollte deshalb für die Finanzbranche Ansporn sein zu beweisen, dass nicht Steuersünder die wichtigste ausländische Klientel ist, sondern die vermögende Kundschaft, die einen Teil ihres Ersparten in einem Land mit Tugenden anlegen will. Pflegen wir diese Tugenden und halten wir Sorge zum Schweizer Franken, zur Ausbildung und zur Infrastruktur, dann bleiben die Schweiz und ihr Finanzplatz ein attraktiver Ort für die ausländische Geldanlage.


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