Kommunikationsversagen der UBS-Bosse

20minuten.ch (27. Januar 2009) – Thomas Daum, Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, zeigt Verständnis für die Bonuspolitik der Grossbank und der Finma-Behörde. Die UBS-Chefs hätten aber den «öffentlichen Aufschrei vorwegnehmen» und das Thema entsprechend offensiv angehen können.

Als Geschäftsführer des obersten Gremiums der Arbeitgeber, zu dessen wichtigsten Dossiers die Arbeitsmarktpolitik gehört, zählt Thomas Daum zu den einflussreichen Stimmen in der hitzigen Diskussion um die Banken-Boni. Gegenüber der Nachrichtenagentur AWP zeigte Daum zwar Verständnis für das Unverständnis in breiten Bevölkerungskreisen über die geschätzten zwei Milliarden Franken Leistungsentschädigung für UBS-Mitarbeiter, «als Fachmann» wolle er aber nicht schwarz-weiss malen. «Solche Leistungskomponenten können Lohnbestandteile sein, die geschuldet sind wie fixe Saläre», meinte die Stimme der Arbeitgeber, der nicht zuletzt die Interessen des Industriestandorts Schweiz vertritt.

Gültige Verträge müssen eingehalten werden

Im Fall der UBS würden Verträge bestehen, die nicht von heute auf morgen ausser Kraft gesetzt werden könnten. Man müsste wissen, «wer wie viel wofür erhält, bevor wir die Verantwortlichen kritisieren», sagte Thomas Daum.

Dass Verträge nur über längere Zeit neuen Verhältnissen angepasst werden können, dem widerspricht Headhunter Björn Johansson. Die UBS «hätte die Verträge auf breiter Basis künden sollen und solche mit neuen Bedingungen anbieten müssen», meint der Vermittler von Topmanagern im heutigen Tages-Anzeiger. «Schneller geschaltet haben da die Industriefirmen. Die Zeiten haben sich geändert, es ist ein komplett neues Spiel. Daran müssen sich auch die Banker gewöhnen.»

Unter Druck geraten ist vor allem Eugen Haltiner, der Präsident der neuen Finanzmarktaufsicht Finma, ehemals Bankenkommission (EBK). Haltiner war bis vor drei Jahren ein Spitzenmanager der UBS im Bereich Schweiz. Der Bankenaufsicht wird von Experten wie dem ehemaligen Preisüberwacher Rudolf Strahm in der Finanzkrise zögerliches Agieren und Missachten von frühen Warnsignalen vorgeworfen.

Bankenaufseher: Boni sind verdient für Banker mit einwandfreier Leistung

In der gestrigen Wirtschaftssendung Eco des Schweizer Fernsehens verteidigte Haltiner die geschätzten zwei Milliarden Franken Boni bei der UBS. «Wir hatten harte Verhandlungen mit der Bank und wir haben uns am Schluss auf einen gewissen Betrag geeinigt», sagte der Finma-Präsident. Das Personal sei für jede Firma und vor allem für eine Bank «eigentlich das kostbarste Gut», sagte Haltiner. «Die Mitarbeitenden, die zum Teil ausgezeichnet gearbeitet haben, in Geschäftsbereichen, die hochprofitabel sind, erwarten eine gewisse Entschädigung für diese Leistung.»

Ins gleiche Horn blies Arbeitsmarktspezialistin Barbara Gisi vom Kaufmännsischen Verband KV Schweiz, der die Interessen der Bankangestellten vertritt. «Ein Skandal wären die UBS-Boni nur dann, wenn sie zum grössten Teil ans obere Kader oder sogar an Verantwortliche für das Debakel gehen würden», sagte Gisi gestern gegenüber 20 Minuten Online. Würden hingegen hauptsächlich «normale» Angestellte berücksichtigt, die grösstenteils einen guten Job in einer schwierigen Zeit machten, «dann ist ein vernünftiger Bonus durchaus verdient», sagte Gisi.

Falsches Reputationsmanagement der UBS-Spitze

Weite Kreise der Schweizer Bevölkerung und der Politik kritisieren die Boni vor dem Hintergrund der Rettung der Bank mit Milliarden von Steuergeldern. Arbeitgeberdirektor Thomas Daum erkennt Fehleinschätzungen der UBS-Spitze vor allem im Krisen- und Reputationsmanagement. «Vielleicht hätte die Bankenführung den öffentlichen Aufschrei vorwegnehmen können und sich fragen müssen, ob sie grundsätzlich über die Bücher gehen muss», sagte Daum im Gespräch mit AWP. «Sie hätte dann offenlegen können, welche Leistungskomponenten vertraglich geschuldet sind und wie viel im Vergleich zu früher dieses Mal nicht bezahlt wird, weil die Verluste derart hoch sind.»


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