«Vernünftiger Bonus ist durchaus verdient»

20minuten.ch (26. Januar 2009) – Die rund zwei Milliarden Franken Bonus für UBS-Angestellte erhitzen die Gemüter in Politik und Wirtschaft. Laut dem Bankenpersonalverband KV Schweiz machen die meisten UBS-Mitarbeiter einen guten Job in schwieriger Zeit und haben deshalb einen Bonus verdient.

Die Meldung der «SonntagsZeitung» elektrisierte Politiker und Wirtschaftsvertreter. Zwei Milliarden Bonus für UBS-Manager und -Angestellte trotz Milliardenrettung durch den Staat dürfe nicht sein, fanden FDP-Nationalrat Johann Schneider-Ammann und Topmanager-Vermittler Björn Johansson im Schweizer Radio DRS.

Linke und Grüne freuten sich über den Steilpass der Grossbank. Im «Tages-Anzeiger» rieb sich SP-Präsident Christian Levrat die Augen, wie wenig «politisches Gespür» die UBS habe, Grünen-Präsident Ueli Leuenberger bezeichnete die Boni in der gleichen Zeitung als «skandalös».

«Vernünftiger Bonus ist verdient»

Jetzt schaltet sich der wichtigste Personalverband der Schweizer Bankmitarbeiter in die emotionale Diskussion ein. «Ein Skandal wären die UBS-Boni nur dann, wenn sie zum grössten Teil ans obere Kader oder sogar an Verantwortliche für das Debakel gehen würden», findet Barbara Gisi, Kaderfrau beim KV Schweiz und zuständig für die Angestelltenpolitik, gegenüber 20 Minuten Online. «Kommen hingegen vor allem die von uns vertretenen ’normalen‘ Angestellten zum Zug, die meist einen guten Job in einer schwierigen Zeit machen, dann ist ein vernünftiger Bonus durchaus verdient.»

Gisi kann als Arbeitnehmervertreterin kaum als unverbesserliche Kapitalismusfetischistin bezeichnet werden, die einem überholten Anspruchsdenken im Banking das Wort redet. Klar, sie vertritt die Interessen ihrer Klientel, in diesem Fall der Arbeitnehmer der Schweizer Banken. Diese kämpfen in diesen schwierigen Zeiten wie jede Interessengruppe um frühere Errungenschaften.

Fast alle Banken betonen die Leistungskomponente

Warum die KV-Frau aber unabhängig von ihrer Rolle Verständnis für den Bonus-Entscheid von UBS-Präsident Peter Kurer und Konzernchef Marcel Rohner zeigt, hängt mit den Realitäten in der Finanzbranche zusammen. Im Unterschied zu anderen Industrien, in denen der Bonus noch Gratifikation bedeutet und ein Zückerchen für gute Jahre darstellt, hat sich bei den Grossbanken, Privatbanken, Kantonalbanken, Raiffeisenkassen und Regionalbanken ein Entschädigungssystem etabliert, das auf einer überproportional hohen Leistungskomponente basiert.

Die geschätzte Gesamtvergütung für den Chef der Raiffeisengruppe, Pierin Vincenz, über rund drei Millionen Franken ist Beleg für diese Entwicklung. UBS-Chef Marcel Rohner, der einer x-mal grösseren Firma mit einer um ein Vielfaches höheren Komplexität vorsteht, muss sich für 2008 mit rund zwei Millionen Franken abfinden.

System hin oder her – viele Schweizer zeigen wenig Verständnis für Boni bei einer Bank, die vom Staat gerettet werden muss. Sie fühlen sich doppelt benachteiligt: Als Steuerzahler müssen sie zur milliardenteuren Rettung der UBS beitragen, als Angestellte einer Industriefirma oder eines kleinen Zulieferbetriebs können sie von Boni von 10 000 Franken und mehr nur träumen.

«Banker-Löhne sind nicht exorbitant»

Das ist sich auch KV-Frau Barbara Gisi bewusst. Es stimme, dass Bank-Mitarbeiter in der Schweiz im Vergleich mit Angestellten anderer Branchen gut verdienen würden. «Aber», so Gisi, «exorbitant sind auch ihre Löhne nicht.» Für die meisten sei der Bonus bereits im Haushaltsbudget für Steuern oder andere fixe Ausgaben fest verplant. «Da ist es richtig, dass die UBS bei diesen Leuten nicht einfach auf Null heruntergeht.»

Die Verantwortlichen der UBS wollen sich erst an der Jahrespressekonferenz in zwei Wochen im Detail über die Boni äussern. In der Vergangenheit verteidigten sie Bonizahlungen trotz historischen Verlusten und Hilfe durch den Staat mit der Konkurrenzsituation. Gerade in Krisenzeiten müssten gute Mitarbeiter bei der Stange gehalten werden, um die Organisation nicht weiter zu schwächen. Ohne genügend hohen Bonus würde dies nicht gelingen, lautete das Kernargument der Bankspitze.

Tatsächlich haben die Boni in der Finanzindustrie und vor allem im Bankenbereich den Charakter eines Lohnbestandteils angenommen, sagt Gisi von KV Schweiz. Eine abrupte Abkehr einer spezifischen Unternehmung sei in diesem Umfeld gefährlich. «Wenn nun eine einzelne Bank im Alleingang dieses über die Jahre gewachsene System auf den Kopf stellt, hätte sie just in den unteren und mittleren Chargen ein Rekrutierungsproblem und würde die benötigten zuverlässigen und einsatzfreudigen Mitarbeiter verlieren.»


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