UBS-Banker Martin Liechti ist frei – und wieder in Zürich

20minuten.ch (14. August 2008) – Martin Liechti, Chef der Vermögensverwaltung für Nord- und Südamerika, ist wieder in der Schweiz. Der UBS-Topmann war Ende April in den USA inhaftiert worden. Ob das freie Geleit der US-Behörden seine Karriere noch retten kann, ist ungewiss.

UBS-Topmanager Martin Liechti, 47, ist seit gestern zurück in Zürich. Der Chef der Vermögensverwaltung für Nord- und Südamerika war Ende April bei der Durchreise im Flughafen Miami festgenommen und seither in Hotelhaft gehalten worden.

Die UBS bestätigt die Freilassung des Topmanagers. «Wir sind froh, dass Martin Liechti seinen Status mit den US-Justizbehörden klären konnte», sagt UBS-Sprecher Michael Willi. «Er geht jetzt zuerst mit seiner Familie in die Ferien.»

Martin Liechti machte in der UBS eine Tellerwäscherkarriere vom Banklehrling zum Generaldirektor. Doch seit seiner Verhaftung war er eine grosse Hypothek für seine Bank. Diese wird verdächtigt, reichen US-Kunden beim Steuerhinterziehen geholfen zu haben. An vorderster Front soll Liechti gestanden sein.

In seiner viermonatigen Leidenszeit erhielt Liechti nur von seiner Tochter aus erster Ehe Besuch in einem Hotel in Miami, wo der hohe Banker unter falschem Namen gelebt haben soll, wie ein Bekannter von Liechti berichtet. Seine Frau, die ebenfalls bei der UBS tätig ist, konnte ihn hingegen nicht vor Ort unterstützen, da die Gefahr bestand, dass die US-Behörden auch sie festhalten würden.

Die Fortsetzung von Liechtis Karriere ist gefährdet

Liechti, der vor zwei Jahren Vater von Drillingen wurde, stand Mitte Juli im Rampenlicht der US-Politik. Er war einer von zwei hohen UBS-Managern, die vor einem Ausschuss des amerikanischen Senats zum Steuerstreit mit der UBS befragt wurden. Während sich Mark Branson, der 40-jährige Finanzchef der weltweiten Vermögensverwaltung, bei den Amerikanern für die vergangene Geschäftspolitik der UBS entschuldigte, berief sich Liechti auf sein verfassungsmässiges Schweigerecht. Der UBS-Generaldirektor hätte sich mit Aussagen selbst belasten können.

Seither steht Liechti für die alte UBS, die in den USA nicht nur Dutzende von Milliarden Dollar in undurchsichtigen Hypothekenpapieren verspielt, sondern die auch in der vermeintlich top-seriösen Betreuung reicher US-Kunden rechtliche Grenzen teilweise überschritten hatte. Mit dem Kniefall des jungen Finanzchefs, der am Senatshearing die neue Generation der UBS verkörperte, waren die Würfel im Steuerstreit mit den USA zu Ungunsten der Schweizer Grossbank gefallen. Ihr blieb nur noch zu verkünden, sich vollständig aus dem Offshore-Geschäft mit US-Kunden zu verabschieden.

Mit Liechti hatte die US-Justiz leichtes Spiel

Dem gefallenen Star Liechti kommt im US-Debakel der UBS eine besondere Rolle zu. Erst sein Status als «Material witness», als wichtige Auskunftsperson, erlaubte es den US-Behörden, die UBS in ihren Würgegriff zu nehmen. Ohne Liechti als Pfand in der Hinterhand hätten die Amerikaner niemals derart leichtes Spiel gehabt. Die Bank hätte die Vorwürfe von sich weisen und die Fehler den betroffenen Kundenberatern in die Schuhe schieben können, so wie sie dies in anderen Fällen in Deutschland und Brasilien versucht.

Doch seit jenem Tag Ende April, als der jedes Jahr mit Millionen entlöhnte Topshot der UBS eine Nacht in einem Gefängnis in Florida verbringen musste, war dieser Ausweg versperrt. Liechti bekam eine elektronische Fessel um den Fuss. Sie meldete, ob er nachts rechtzeitig im Hotel war. Auch musste er den US-Behörden für Befragungen zur Verfügung stehen.

Erst Birkenfeld, dann Liechti, dann die ganze UBS

Selten war ein Schweizer Manager so rasch so tief gestürzt. Der Ex-Lehrling des Bankvereins im Welschland brachte es mit viel Einsatz, grossem praktischen Wissen und forschem Führungsstil vor ein paar Jahren bis in den exklusiven 60-köpfigen Kreis der erweiterten Geschäftsleitung der UBS. Sein Höhenflug schien noch lange nicht zu Ende. Bis einer seiner Kundenberater im Streit mit Liechti die Bank verliess und später in die Fänge der US-Behörden geriet.

Der 43-jährige Bradley Birkenfeld entschied sich auszupacken. Während seiner Zeit als Kundenberater für vermögende US-Kunden bei der UBS in Genf hatte Birkenfeld ein Dossier zusammengestellt, das E-Mails, Schulungsunterlagen und interne Geschäftsvorschriften beinhaltete. Diese Unterlagen händigte er den US-Behörden aus, als diese ihn ins Visier nahmen. Ein reicher Kunden Birkenfelds war als Steuersünder in den USA aufgeflogen und verriet auch seinen Berater.

Rasch wurde klar, dass die Bank, die sich offiziell an die Abmachungen mit den USA gehalten und formell die Kundenbetreuung aus der Schweiz heraus massiv eingeschränkt hatte, unter Liechtis Kommando ständig neue Rekordwerte beim Neugeld anstrebte. Laut einem Ex-Mitarbeiter soll der Generaldirektor seine Berater auch mit Treuhändern aus Vaduz zusammengeführt haben, die in Offshore-Ländern Konstrukte zur Steuerhinterziehung aufbauten. Über ein solches Vehikel stolperte zuerst Birkenfeld, dann Liechti und zuletzt die ganze UBS.


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