Bundesgerichts-Kniefall vor UBS?

Vor einem Jahr berichtete die Weltwoche von einem Basler Zahnarzt, der die Grossbank UBS über gut zwei Millionen Franken verklagt hatte. Sein Bankberater habe ihn zwischen 1996 und 1998 geschädigt, indem er über 30 Börsentransaktionen ohne seine Autorisierung getätigt habe. Vor erster Instanz erhielt der Zahnarzt nur teilweise Recht, worauf er Rekurs einlegte und am 25. Februar 2005 1,6 Millionen Franken zugesprochen erhielt. Darauf zog die UBS vors Bundesgericht und drang mit ihrer Argumentation auf der ganzen Linie durch. Der Kunde hätte bei den ersten Anzeichen von Unregelmässigkeiten an die Vorgesetzten gelangen sollen, statt weiterhin nur telefonisch beim Berater zu protestieren. Nun erklärt eine Fachjury von drei renommierten Juristen im Fachmagazin „Plädoyer“ den Bundesgerichtsentscheid zum „Fehlurteil 2005“. Für Alexandra Rumo-Jungo, 41-jährige Professorin für Zivilrecht an der Universität Freiburg, sind die eigenmächtigen Wertschriftenkäufe des Bankberaters eine Vertragsverletzung. Wenn das Bundesgericht argumentiere, der Kunde müsse sofort gegen fehlerhafte Depotauszüge intervenieren, seien sicherlich Verfehlungen wie falsche Buchungen gemeint und wohl kaum Vertragsverletzungen wie die nicht-autorisierten Wertschriftentransaktionen. Dass der Kunde auch solche unverzüglich beanstanden müsse, weil die Bank sonst wie gehabt fröhlich weiter schalten und walten dürfe, sei „eine komplett verdrehte Sichtweise“. Karl Spühler, 70, Ex-Bundesrichter und emeritierter Jus-Professor der Uni Zürich, sagt, mit dem Urteil würde derjenige geschützt, der „primär“ den Vertrag verletzt habe. „Das ist ein Hofknicks vor der Bank.“

Der Zahnarzt erhielt auch direkten Zuspruch seitens verschiedener Rechtsprofessoren. Sie alle hätten ihm gegenüber das Urteil als skandalös bezeichnet, sagt er im Gespräch. Helfen tut ihm das wenig. Das Urteil des Bundesgerichts ist letztinstanzlich, einzige Rekursmöglichkeit ist eine Intervention vor dem europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Abfuhr in Lausanne hat dem Zahnarzt allerdings derart zugesetzt, dass ihm die Lust auf einen Gang nach Strassburg vergangen ist.


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