Whistleblower Bradley Birkenfeld vor der Freilassung

Der Sonntag, 6. Mai 2012

Vor genau vier Jahren verstand Bradley Birkenfeld die Welt nicht mehr. Statt von den US-Behörden als UBS-Drachentöter gefeiert zu werden, schnappten nach einem Flug von Zürich am 6. Mai 2008 im Bostoner Flughafen die Handschellen zu. Jener Whistleblower, der als Genfer Private-Banker die Offshore-Praktiken seiner Ex-Arbeitgeberin UBS offenlegte, wurde zum Angeklagten.

Nun nähert sich Birkenfelds Odyssee ihrem Ende. Spätestens Ende Juli soll der Mann, der den USA den Schlüssel zum helvetischen Bankentresor geliefert hatte, vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen werden. Dies bestätigt eine Quelle aus dem Umfeld von Birkenfeld. «Es könnte sogar früher sein», meint der Insider. «Brad hat sich während seiner Gefangenschaft sehr gut aufgeführt.»

Birkenfeld war im Spätsommer 2009 zu 40 Monaten verurteilt worden, 10 Monate mehr als von der Staatsanwaltschaft gefordert. «Er weigerte sich, seine eigenen Fehler offenzulegen», polterte Chefankläger Kevin Downing vor dem Richter. Was Birkenfeld dementierte. «Monatelang bat ich vor, während und nach meiner Kooperation mit dem Justizministerium vergeblich um eine einfache Strafzusicherung», beklagte er sich bei einem Freund aus gemeinsamen UBS-Tagen. «Statt mit mir zusammenzuarbeiten, wollten sie mich anklagen.»

Hätte Birkenfeld das ganze Urteil absitzen müssen, käme er erst im Mai 2013 frei. Auf der Homepage der US-Verhaftungen findet sich jedoch als offizielles Entlassungsdatum der 29. November 2012. Offenbar wurde ihm sein eingeschränkter Bewegungsraum vor der Urteilsverkündung teilweise angerechnet. Und wenn Birkenfeld nun sogar bereits im Sommer gehen kann, werden ihm nochmals 4 Monate geschenkt. Er sitzt in der Federal Correctional Institution Schuylkill in Minersville – der Ort gehört zum Bundesstaat Pennsylvania im Nordosten der USA, die als eher angenehme Haftanstalt gilt.

Birkenfeld & Co. sollen sich laut einem Schweizer Vertrauten weitgehend frei bewegen können. «Nach einem Besuch berichteten sie von gitterfreien Fenstern, Spaziergängen auf weiten Grünflächen ohne Mauern und Zaun, Bibliothek mit WiFi und Kraftraum mit modernsten Geräten», sagt der Ex-UBS-Mitarbeiter, der Anfang der 2000er-Jahre mit Birkenfeld zusammengearbeitet hatte.

Gerüchteweise will der UBS-Whistleblower seine Geschichte verfilmen lassen. Offiziell bestätigt wurde bisher nichts. Entweder schätzen die US-Filmgesellschaften Birkenfelds Story für das heimatliche Publikum als zu wenig attraktiv ein. Oder Birkenfeld pokert um einen möglichst lukrativen Vertrag für sich. Sollte kein Film zustande kommen, ist mit einem Buch zu rechnen. Damit könnte der Mann, der in der Schweiz zur Persona non grata geworden ist, auf einen Bestseller hoffen.


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