Wegelin-Deal: Ehepaar Vincenz gibt zu reden

Corporate-Governance-Experte kritisiert die private Verbindung von CEO und Chefjuristin. SonntagsZeitung, 19. Februar 2012

Innert nur 10 Tagen ging der Verkauf der «sauberen» Wegelin-Teile an die Raiffeisen-Gruppe über die Bühne. Mit dabei: Raiffeisen-Rechtschefin NadjaCeregato. Das gibt unter Unternehmensexperten zu reden. Ceregato ist die Ehefrau von Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz. Dieser erfüllte sich mit der Wegelin-Nachfolgebank Notenstein einen lang gehegten Wunsch.

«Für mich ist es ein absolutes No-go, dass zwei Personen mit tragenden Funktionen in einer grossen Genossenschaft oder Aktiengesellschaft verwandt oder gar verheiratet sind», sagt Silvan Felder von der Verwaltungsrat Management AG, eine auf Corporate Governance spezialisierte Beratungsgesellschaft in Luzern. Die Position des Konzernanwalts zähle dabei zweifellos zu den bedeutungsvollen Positionen in einer wichtigen Firma, sagt Felder. «Der Rechtschef ist der Sparringpartner des CEO, er muss dem obersten Chef in rechtlichen Fragen kritisch gegenüberstehen und darf kein Verbündeter sein, wenn der CEO eine Transaktion oder ein Geschäft unbedingt möchte.»

Die Raiffeisenbank bestätigt, dass Rechtschefin und CEO-Ehepartnerin Ceregato mit am Tisch gesessen hat. «Für uns war es wichtig, dass die Leute mit entsprechender Erfahrung aus allen Abteilungen bei dieser wichtigen Transaktion dabei waren», sagt Sprecher Franz Würth. «Dazu zählt Frau Ceregato.»

Für die Raiffeisenbank sei die Partnerschaft zwischen Ceregato und Vincenztransparent, meint der Sprecher. Die Spitze wisse schon seit dem Jahr 2000 davon. «Deshalb sehen wir kein Problem darin, selbst wenn sowohl Herr Vincenz als auch seine Frau in einen Deal wie den Notenstein-Kauf an vorderster Front involviert sind, da es keine direkten Reporting-Linien zum CEO gibt.» Ceregato sei dem Legal-&-Compliance-Chef unterstellt, dieser wiederum einem Mitglied der Geschäftsleitung.

Dass bei der Raiffeisen die Chef-Juristin und der operative Chef privat ein Paar sind, gab in der Bank und auch ausserhalb wiederholt zu reden. Mit dem Notenstein-Kauf, der laut einer Quelle knapp 400 Millionen Franken kostete, erhält der beruflich-private Mix neue Brisanz. Weil Genossenschafts-Chefbanker Vincenz stets betonte, im Schweizer Private Banking ein Wort mitreden zu wollen, dürfte er den Deal unbedingt gewollt haben.


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