Professor Allzweck

Anwalt Peter Forstmoser wird bald 70 und nimmt immer noch jedes Amt an – wie jetzt bei der Schweizerischen Nationalbank. Handelszeitung, 26. April 2012

Peter Forstmoser ist ein Star zum Anfassen. Ruft man ihn, meldet er sich zurück. Braucht man ihn, sagt er zu. „Von meinen 69 Lebensjahren habe ich 68 rund ums Zürcher Grossmünster herum verbracht“, erklärt der Wirtschaftsanwalt. „Da war ich halt immer irgendwie zur Stelle, wenn einer wie ich gefragt war.“

Die Dauerbereitschaft hat den Juristen weit gebracht. Er ist nicht nur langjähriger Partner der Kanzlei Niederer Kraft &Frey (NKF), sondern hatte bis 2008 eine Professur an der Universität Zürich, war bis 2009 Präsident des Rückversicherers Swiss Re, schreibt im Akkord Fachbücher und berät Wirtschaftskapitäne und Entscheidungsträger in heiklen Fragen.

Als es Anfang Jahr bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zum Eklat kam, rief der Bankrat Forstmoser. Als Präsident Kaspar Villiger Ende 2010 für die UBS-Vergangenheitsbewältigung einen glaubwürdigen Anstrich brauchte, klingelte beim Rechtsexperten das Telefon. Als Swiss-Re-Schwergewicht Walter Kielholz ab 2002 bei der Credit Suisse zum Rechten schauen musste, gab Forstmoser den perfekten Statthalter bei der Swiss Re.

Ob Krisenhelfer oder Kapitän, Forstmoser ist allzeit bereit. Dabei geht es nie um harte Sanierungen oder schwierige Unternehmensstrategien. Dafür wäre Forstmoser der Falsche. Hingegen ist seine Expertise als Aktienrechtler, speziell in der Modedisziplin Corporate Governance, ausserordentlich gefragt. In Sachen gute Unternehmensführung ist Forstmoser zur lebenden Legende geworden.

„Der Schluss war eine Enttäuschung“

Mit Glück hat das wenig zu tun. „Peter Forstmoser ist ein Arbeitstier, ein Workaholic, und zwar im guten Sinn“, sagt sein langjähriger Anwaltsfreund François Bernath. „Sein Output ist beeindruckend und hat ihn weit über die Schweiz hinaus zu einem Label gemacht.“ Allein die Liste der wissenschaftlichen Arbeiten und juristischen Bücher ist derart lang, dass Forstmoser diesen Teil seines Lebenslaufs unter „Author of numerous books and scientific articles“ abhandeln kann.

Das Understatement gehört zu Forstmosers Masche. Er ist ein Karrieretyp der leisen Töne. Nie poltern, keine Glamour-Auftritte, immer rational argumentieren – aber sehr wohl mit Bedacht auf den eigenen Erfolg und den eigenen Aufstieg. Bei Sonnenschein funktioniert das System Forstmoser perfekt. Aber wenn es stürmt, stösst der Jurist an seine Grenzen. „Forstmoser ist kein Machtmensch, ihn interessiert die Aufgabe, er hat Freude an der Sache“, begründet Freund Bernath. „Wenn es dann wie bei der Swiss Re zum Machtgerangel kommt, macht ein Mensch wie ForstmoserZweiter.“

Für Forstmosers Charakter spricht, dass er solche Niederlagen nicht beschönigt, sondern selbstkritisch reflektiert. Er war von 2000

bis 2009 Präsident des Rückversicherers Swiss Re, musste aber ein Jahr früher als geplant abtreten. Das Unternehmen war in der Finanzkrise in Schieflage geraten und kam nur mit einer teuren Kapitalspritze des US-Milliardärs Warren Buffett über die Runden. „Der Schluss war schon eine Enttäuschung“, konzediert Forstmoser im Gespräch. Er zieht den Vergleich zu einer Zäsur der erfreulichen Art. „An der Uni wurde ich ja beim Abschied gefeiert, das hat man lieber.“

Interessant ist, als was für eine Art von Leader sich Forstmoser im Rückblick einordnet. „Keine Frage, Walter Kielholz ist von der praktischen Erfahrung her ein anderes Kaliber, ich war mehr der Strukturen-Präsident.“ Das, so Forstmoser, habe in der Krise den Ausschlag gegeben für den Trainerwechsel während des laufenden Spiels.

Damit macht der gertenschlanke, sportliche und asketisch wirkende Forstmoser, der schon einige Marathons in seinem Leben lief, gleich selbst klar, wer den eiskalten Winden an der Spitze der Grossfirmen besser trotzen kann. Es ist ein Typ wie Walter Kielholz, mit dem nötigen Gewicht, dem breiten Rücken und einem unerschütterlichen Selbstvertrauen. Ein Intellektueller wie Forstmoser krüppelt von früh bis spät. Einem Strippenzieher wie Kielholz ist er am Ende nicht gewachsen.

Besser erging es Forstmoser in der Welt der Wissenschaft und den daraus resultierenden Aufträgen als Berater. Der Jurist mit Zusatzabschluss an der Harvard Law School zählt zu einer Handvoll bekannter Schweizer Aktienrechtler, die das Thema publizistisch und auf Gesetzesebene vorantreiben. Neben Forstmosergehören der Basler Peter Böckli,

die Zürcher Peter Nobel, Hans Caspar von der Crone und Rolf Watter sowie als aufstrebende Kraft vielleicht der Berner Professor Peter Kunz zur obersten Liga der Gesellschaftsrechtler. Wer von dieser Corona für einen Kommentar zu Forstmosers Leistungen angefragt wird, winkt dankend ab. „Keine Zeit“,“zu enge Beziehung“,“vorbelastet“ – die Juristen weichen einer Stellungnahme aus.

Den Ritterschlag der Konkurrenz hat Peter Forstmoser sowieso nicht nötig. Sein Name garantiert volle Auftragsbücher. Gemäss Aussage eines Bekannten seiForstmoser für die NKF-Kanzlei Gold wert. Mehrmals hätten ihn die Partner durch verbesserte Verträge bei sich behalten. Darüber macht Forstmoser selbst kein grosses Aufheben. „Es gab Angebote der Konkurrenz, aber die interessierten mich nicht“, sagt er, und offenbart eine weitere Eigenschaft, die Loyalität. „NKF ist top, hier habe ich meine engsten Berufskollegen, und deshalb brauche ich nicht zu wechseln.“

Im Fall Hildebrand ging das Kalkül auf

Für NKF ist Forstmoser ein Glücksfall. Der Name zieht und sorgt für eine gute Auslastung. Obendrauf sorgen die Prestigemandate des emeritierten Professors dafür, dass die Partnerschaft zu den drei bis vier renommiertesten Kanzleien auf dem Wirtschaftsplatz Zürich zählt.

Ob Forstmoser viel zum Erfolg einer Geschichte beiträgt, ist inzwischen zweitrangig. Bei der Nationalbank genügte es nach dem Hildebrand-Debakel, Forstmoser als externen Berater nennen zu können. Schon trat in der Öffentlichkeit eine gewisse Beruhigung ein. Wenn sich der Forstmoser dem Problem annimmt, dann kommt es wohl schon gut, lautet unterschwellig die allgemeine Meinung.

Im Fall Nationalbank und Hildebrand ging das Kalkül auf. Laut einer Quelle, die dem Bankrat der SNB nahesteht, war das Gröbste allerdings bereits überstanden, alsForstmoser ins Geschehen eingegriffen habe. Eine bedeutendere Rolle habe Peter Nobel als Vertrauensanwalt von Philipp Hildebrand gespielt. Dieser habe ein derart starkes Powerplay aufgezogen, dass SNB-Bankratspräsident Hansueli Raggenbass zuletzt das Handtuch geworfen und die Verhandlungen rund um den Abgang des gescheiterten Hildebrand Forstmoser übergeben habe.

Am Samstag, 7. Januar 2012, fielen im Bankrat die Würfel gegen Hildebrand. Beraten von Peter Nobel, hatte Hildebrand zwei Tage zuvor ein Mail seines Sarasin-Kundenberaters verschwiegen, das ein Mitwissen des Notenbank-Präsidenten rund um eine Dollar-Transaktion zur Unzeit belegte. Nun entzogen die Bankräte Hildebrand das Vertrauen. Als Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf zusätzliche Informationen zu den Gründen der Absetzung verlangte, schöpften Hildebrand und Nobel nochmals Hoffnung.

Der Bankrat liess sich nicht vom Kurs abbringen. Darauf soll es laut Quelle zu einer Auseinandersetzung zwischen Nobel und Raggenbass gekommen sein. Als Hildebrands Ende schliesslich besiegelt war, konnten die beiden Anwälte keine vernünftige Abgangsregelung ausarbeiten, derart zerstritten waren sie.

Erst der von Raggenbass zu Hilfe gerufene Forstmoser brachte die Sache zu einem gütlichen Ende. Einmal mehr brachte allein schon sein Ruf Ruhe ins Spiel.

Nach der Krise zum Vorbild werden

Neues Reglement Die Schweizerische Nationalbank (SNB) will zu einem Vorbild in Sachen guter Unternehmensführung werden, nachdem sie wegen privater Devisentransaktionen ihres Präsidenten Philipp Hildebrand Anfang Jahr in eine schwere Krise geraten war. Als Erstes hat sie gemeinsam mit Peter Forstmoser als Berater das Reglement über Eigengeschäfte ihres Kaders verschärft. Es wird nächste Woche in Kraft gesetzt.

Neuer Compliance-Officer Die SNB will unter dem neuen Führungsduo – Thomas Jordan als Direktoriumspräsident und Jean Studer als Präsident des Bankrats -einen neuen Compliance-Officer mit weit reichenden Befugnissen anstellen. So kann er laut SNB die Einhaltung des Reglements „laufend“ überwachen. Bisher wurde die Compliance-Funktion quasi im Nebenamt bewältigt.

Klare Grenzen Stark eingeschränkt werden Devisengeschäfte. Sie müssen ab einem Betrag von 20000 Franken der internen Compliance gemeldet werden. Alle Devisentransaktionen ohne klaren sachlichen Grund, wie etwa für einen Hauskauf, müssen über einen unabhängigen Vermögensverwalter erfolgen. Auch die Finanzanlagen in Schweizer Franken werden eingeschränkt. Das neue Reglement erlaubt nur noch Spareinlagen bei der SNB, Investments in breit diversifizierte Anlagefonds, in die Vorsorge oder in Immobilien. Bisher waren Eigenhandel mit Einzelaktien und Devisenspekulationen erlaubt, sofern gewisse Haltefristen eingehalten wurden.

Kommentar

  1. Wohl eher Professor Selbstzweck!

    Wahrscheinlich ist der stets hochgelobte Professor Forstmoser tatsächlich ein guter Jurist – ich kann es nicht beurteilen.
    Mit Sicherheit ist er aber einer der grössten Abzocker und gehört in die 1. Reihe der Nieten in Nadelstreifen. Sein Name ist für mich ein Synonim für Filz (Kielholz, Bechtler, Villiger etc.). Bei der Swiss Re hat er Millliarden vernichtet und Millionen in die eigene Tasche gesteckt. Als VR-Präsident der Hesta hat er Arbeitsplätze im grossen Stil vernichtet (Zellweger, Schiesser).


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