Operation Singapur

VP Bank Die Asienexpansion stockt, das Geschäft im Ausland ist zu gross. Der neue Chef muss das Institut gesund schrumpfen. Noch ist er aber nicht gefunden. Handelszeitung, 6. Dezember 2012

Die Asienwaffe der Liechtensteiner hiess Ian Pollock. Der Ire sollte die kleinste der drei Banken des Fürstentums gross auf die Fernost-Karte verankern. Mit Vorschusslorbeeren wurde der zweifache Familienvater zum Chef des VP-Ablegers in Singapur und der Private-Banking-Tochter in Hongkong gemacht. Pollock sei ein erfahrener Branchenvertreter, freuten sich die VP-Chefs und hoben dessen frühere Engagements bei HSBC und zuletzt bei Julius Bär hervor.

Keine zwölf Monate später ist Pollock wieder weg. Der vermeintliche Starbanker verliess die VP Bank zusammen mit einem ganzen Team schon wieder. Als Pollocks Abgang im Oktober von einem asiatischen Branchenportal bekannt gemacht wurde, reagierte die VP Bank kleinlaut. Sie bestätigte die Nachricht erst auf Anfrage und wollte von strategischer Kehrtwende oder gar einem Rückzug aus Asien nichts wissen. Die Region bleibe zentral, betonte die Zentrale in Vaduz.

Nach Pollocks Abgang verzichteten die Chefs in Liechtenstein auf die Berufung eines neuen starken Manns für ihre Fernost-Töchter. Stattdessen stieg beim Ableger in Singapur Pollocks Vorgänger in dessen Hosen, für Hongkong wurde eine zweite Führungsperson bestimmt. Doppelte Führung, unklare Verantwortlichkeiten? Die VP Bank scheint sich vom Grundsatz nicht beirren zu lassen.

Das könnte seinen Grund in der momentan auch in der Gruppenzentrale in Vaduz existierenden Zweierspitze haben. Sie ist die Folge einer bis anhin erfolglos verlaufenden Suche nach einem neuen Chef durch das bekannte Headhunter-Unternehmen Egon Zehnder. Der frühere Chef Roger Hartmann, der von der UBS Luxemburg ins Fürstentum gestossen war, ging im Juli nach erst zweijähriger Amtsdauer von Bord. Damit wurde das Vakuum an der Spitze noch grösser. Der starke Mann der VP Bank, der lange das Hauptgeschäft mit Finanz-Intermediären wie Treuhändern und Vermögensverwaltern führte, verliess das Institut bereits kurz vor dem Abgang des Chefs Hartmann.

In der Sackgasse

Zur Führungskrise in Vaduz und Asien gesellt sich das Problem der Strategie. Hier steckt die VP Bank in einer Sackgasse. Schuld ist der ambitiöse Aufbruch in die weite Welt des Private Banking, zusammen mit hohen Investitionen in die Informatik. „Die VP Bank schneiderte sich ein zu grosses Kleid, das sie nie ausfüllen wird“, sagt der Schweizer Bankenexperte Oliver Fiechter, der enge Links zum Liechtensteiner Finanzplatz besitzt. „Jetzt bleibt nur noch zurückbuchstabieren.“ An sieben Orten ist die VP-Gruppe derzeit tätig, neben Vaduz und Zürich und den zwei Ablegern in Asien auch in Luxemburg, auf den British Virgin Islands und in Moskau. Experte Fiechter setzt hinter die breite Aufstellung ein dickes Fragezeichen. Statt sich auf dem hart umkämpften Asienmarkt abzumühen, würden die Liechtensteiner besser vom Bonus der Stabilität und des Frankens profitieren und ihre existierende EU-Lizenz für einen Markteintritt in Grossbritannien, Deutschland, Italien oder Spanien nutzen.

Auslagerung der Informatik

Doch solche Vorschläge stossen vorläufig auf taube Ohren. Eine Sprecherin der VP Bank betont, dass kein strategischer Handlungsbedarf bestehe. Einzig die Ausrichtung müsse leicht justiert werden. „Alles, was sich ändert, ist ein verstärkter Fokus auf das Intermediärgeschäft“, sagt Tanja Muster. Dort hat die VP Bank ihre Wurzeln, von dort stammen rund 90 Prozent der verwalteten Vermögen. Die Sprecherin wehrt sich gegen den Eindruck, ihr Institut würde Ideen in den Wind schlagen und keine nach vorne gerichteten Vorhaben realisieren. „Wir setzen Massnahmen gemäss Plan um, so wie sich das für ein gut geführtes Unternehmen gehört“, sagt Muster. Als Beispiel nennt sie die Auslagerung der Informatik in ein spezialisiertes Unternehmen. Der Entscheid würde „in den nächsten Tagen“ fallen, sagt sie. „Das Ziel wären tiefere Kosten bei hoher Qualität.“

Kosten senken statt Erträge steigern – das ist das grosse Thema, nicht nur in Vaduz. Derzeit gibt es kaum eine Bank ohne laufendes Sparprogramm. Denn bei fast allen Finanzhäusern wurde die Lage auf der Ertragsseite schwierig. Bei den Liechtensteinern zeigt sich das besonders gut bei den seit Jahren stagnierenden Kundenvermögen. Diese mäandrieren um die Marke von rund 40 Milliarden Franken herum, wie an einer unsichtbaren Grenze bleibt das Kundenvolumen dort stehen.

Das macht ein Vorwärtskommen schwierig. Von Januar bis Juni erzielte die VP Bank mit 126 Millionen Franken fast auf den Rappen gleich viele Erträge wie im ersten Quartal des Vorjahrs. Auf den ersten Blick ist das nicht schlecht. Weil die Kosten gleichzeitig sanken, verblieb unter dem Strich ein Gewinn von 25 Millionen, rund 30 Prozent mehr. Trotzdem geht das Sparen weiter. Im nächsten Jahr will die VP Bank maximal 160 Millionen Franken an Kosten ausweisen, im Vergleich zu 2011 wäre dies ein Rückgang von 18 Millionen oder knapp 10 Prozent.

In der anhaltend trüben Lage ist einer besonders gefordert: Präsident Fredy Vogt. Der sitzt erst seit Frühling auf dem obersten Stuhl des Liechtensteiner Finanzinstituts. Turbulenter hätten Vogts erste Monate im Amt kaum sein können.

Zuerst machte er den Sprung vom Finanzchef der Bank zum Präsident und obersten Entscheidungsträger, was das Machtverhältnis zu Ex-Chef Hartmann auf den Kopf stellte. Wenige Wochen später musste Vogt die Kündigung von Georg Wohlwend akzeptieren. Der leitete den Banken-Bereich und war 18 Jahre lang bei der VP Bank, davon 14 Jahre als Mitglied der operativen Führung. Mitte Juli schliesslich folgte die erwähnte Trennung vom Unternehmensleiter. Aus einer funktionstüchtigen Geschäftsleitung wurde innert kürzester Zeit ein Ad-interim-Gremium mit zwei Managern. Das Rumpfteam und der einsame Präsident müssen nun das kleine Liechtensteiner Schiffchen mitten im Sturm neu ausrichten.

Nach weniger als zwölf Monaten verliess der Chef für Asien die Bank.

Aufsicht überprüft ausländische Institute

Unter der Lupe Die Aufsichtsbehörde Singapurs ging im Sommer medial in die Offensive. „Wir tolerieren keine Zuflüsse von unversteuertem Vermögen in unser Finanzsystem“, sagten damals Vertreter der Monetary Authority of Singapore. Sie meint es offenbar ernst. Diverse Schweizer Institute wurden in der Folge von der Behörde unter die Lupe genommen, um zu sehen, wie gross der Anteil von Schwarzgeld bei ihnen ist. Aus Finanzkreisen ist auch zu vernehmen, dass der Ableger der Liechtensteiner VP Bank kürzlich von der Monetary Authority Besuch erhielt. „Im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Pflichten führt die VP Bank mit der Monetary Authority einen regelmässigen Austausch“, sagt eine VP-Bank-Sprecherin. „Spekulationen“ bezüglich einer harschen Rüge könne man „nicht bestätigen“. Klar ist: Der Stadtstaat will unter allen Umständen verhindern, von den finanziell belasteten USA und Deutschland via die Wirtschaftsorganisation OECD als Finanzparadies an den Pranger gestellt zu werden.


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