Chronologie eines Rücktritts: So entschied sich der Bankrat gegen Hildebrand

Ein neues E-Mail änderte die Meinung von Bankrat und dessen Präsidenten Raggenbass. Sollte Hildebrand sich gegen den Rücktritt wehren, war geplant, den Bundesrat um Hilfe zu bitten. SonntagsZeitung, 15. Januar 2012

Donnerstag, 5. 1. Das Drama beginnt. Hildebrand und sein Anwalt Peter Nobel beugen sich über ein neu aufgetauchtes E-Mail. Hildebrands Sarasin-Berater erinnert darin den SNB-Chef, dass der Dollarkauf von August 2011 durch dessen Frau vorab mit ihm, Philipp, besprochen worden sei. Bankratspräsident Hansueli Raggenbass stösst dazu, Nobel erwähnt das Mail.Hildebrand sagt, er könne seine Unschuld belegen, Raggenbass schweigt. Es schlägt vier Uhr, Zeit für die Medienkonferenz, an der Hildebrand beteuert, im Amt bleiben zu wollen. Raggenbass informiert Fritz Studer, Leiter des Prüfausschusses des Bankrats, über das Mail, das Hildebrands Position erschüttert. Studer bietet für Freitag die Prüfkollegen Ernst Stocker und Gerold Bührer auf.

Freitag, 6. 1. Um 14.15 Uhr tagt der Ausschuss, hinzu stossen Raggenbass, SNB-Vize Thomas Jordan und die PWC-Gutachter. Gefährdet Hildebrands «Bagatelle» die Glaubwürdigkeit der Institution? Hildebrand wird angehört. Der Prüfausschuss eröffnet ihm sein Urteil. Man sei für seinen Rücktritt. Hildebrand ist geschockt. Sein einziger Fehler sei, dass er die August-Transaktion nicht rückgängig gemacht habe. Die Bankräte spüren: Er lehnt sich gegen den Rücktritt auf.

Samstag, 7. 1. Am Vormittag versammelt sich der Bankrat am Zürcher SNB-Sitz. Pro und Kontra Hildebrand werden abgewogen. Am späten Nachmittag folgt der Rat dem Ausschuss und legt Hildebrand einstimmig den Rücktritt nahe. «Die nachträglichen Unterlagen von Sarasin waren für den Bankrat der Game-Changer», begründet Sprecher Walter Meier.Hildebrand nimmt den Beschluss entgegen. Wenn er sich dagegen auflehnt, kann ihn der Bankrat nicht entlassen, sondern nur wegen Untragbarkeit oder schweren Vergehens sofort freistellen und beim Bundesrat die Absetzung verlangen.

Sonntag, 8. 1. Vorsichtshalber erarbeiten Raggenbass, sein Vize Jean Studer und Fritz Studer einen vorbehaltenen Entschluss, den Bundesrat zu bitten, Hildebrand abzusetzen. Per Telefon berät der Aktienrechtler Peter Forstmoser die Taskforce. Hildebrand weilt am Zentralbanken-Treffen in Basel. Sein Anwalt Nobel und die Taskforce formulieren je ein eigenes Communiqué.

Montag, 9. 1. Hildebrand tritt von seinem Amt zurück. Am Tag danach verreist er in die Ferien. Nach Fernost. Seine Frau nimmt ja schliesslich an der Kunstmesse in Singapur teil.


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