Wer Fehler macht, wird befördert

Ein gebüsster England-Chef hat heute Kontrollfunktion in der Zentrale der UBS in Zürich. SonntagsZeitung, 20. November 2011

UBS-CEO Sergio Ermotti muss nicht nur die Investmentbank zügeln. Vor allem stellt sich die Frage, wie er mit Topkadern, die bei wichtigen Vorfällen im Zentrum stehen, umgehen will. Aktuell ist der Fall von John Pottage, einem hohen England-Manager der UBS.

Pottage wurde von der englischen Finanzaufsicht wegen Pflichtverletzungen verurteilt. Trotzdem arbeitet er heute in der UBS-Zentrale in Zürich, und zwar ausgerechnet als Risk- und Compliance-Manager der Swiss Bank der UBS. Als Chef der Vermögensverwaltung für Gutbetuchte der UBS in England liess Pottage 2007 einen grossen, systematischen Betrugsfall mit Veruntreuung von Kundengeldern untersuchen. Der Fall geht auf eine Vorgängerbank zurück, welche die UBS übernommen hatte. Zu spät und zu wenig energisch habe Pottage reagiert, als der Betrug intern bekannt geworden sei, urteilte die englische Bankenaufsicht. Sie verurteilte ihn zu 100 000 Pfund Busse, auch die UBS musste 2009 8 Millionen Pfund als Strafe bezahlen.

Pottage akzeptierte seine Strafe nicht und legte mit Unterstützung der UBS Rekurs dagegen ein. Deshalb wurde sein Fall jetzt bekannt. Es würden sich grundsätzliche Fragen stellen, begründet eine UBS-Quelle den Sukkurs. «Welche Sorgfaltspflichten hat ein Vorgesetzter, wie weit wird er für seine Entscheide persönlich haftbar?» Von der Antwort des Londoner Gerichts bis Januar seien alle operativen Bankenchefs betroffen. «Es geht hier um einen Testfall für die ganze Industrie inklusive Regulatoren.»

Weitere Mitverantwortliche für Krisen können sich halten

Der Transfer von Pottage nach Zürich gibt UBS-intern zu reden. Für Kritiker ist nicht einsichtig, wieso Mitverantwortliche für Krisen an Bord bleiben können. Ähnlich liegt der Fall von Richard Metcalf. Der damalige Risikochef der UBS-Investmentbank sagte im Frühling 2007 vor der Aufsicht in Bern aus, die UBS habe ihre Risiken mit verbrieften US-Hypotheken im Griff, «man habe grössere Short-Positionen aufgebaut». In den folgenden 12 Monaten musste die Bank fast 40 Milliarden Dollar Subprime-Positionen abschreiben.

Metcalf wurde nicht entlassen, sondern übernahm in der konzernweiten Risikosparte die Verantwortung für operationelle Risiken. Damit war er dafür verantwortlich, dass Kontrollen im täglichen Geschäft greifen. Wenige Monate vor dem Adoboli-Crash im September übergab er den Job einem Nachfolger und ist heute Stabschef der weltweiten Risikokontrolle.

Neben Metcalf und Pottage konnten sich weitere Topleute intern halten, obwohl sie bei früheren Risikovorfällen keine gute Figur gemacht hatten. Dazu zählen Andrew Wright, heute Finanzchef der UBS-Investmentbank, und Walter Stürzinger, derzeit hoher Stabschef im Konzern.


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