Schweizer Topbanker bezahlt Steuern in Vaduz

Clariden-CEO verschob Steuersitz nach Liechtenstein – lebt aber in Männedorf. SonntagsZeitung, 9. Oktober 2011

Olivier Jaquet, 42, leitet seit Frühling die CS-Privatbank Clariden Leu. Mit schnellen Vorstössen trennt er sich von Managern und streicht Annehmlichkeiten wie Weihnachtspartys und Früchtekörbe. Ziel ist, den Gewinn zu steigern. Auch privat optimiert Jaquet. Mit seiner Frau und den drei Kindern lebt er in einem Anwesen hoch über dem Zürichsee in der Gemeinde Männedorf. Doch seinen Steuersitz hat Jaquet nicht an seinem Wohnort, sondern im liechtensteinischen Steuerparadies Vaduz, wo der Fiskus Vermögenden besonders attraktive Sätze gewährt.

Das Steueramt von Männedorf, einer 10 000-Einwohner-Gemeinde, 20 Kilometer von Zürich gelegen, bestätigt, dass sich Jaquet 2002 in der Gemeinde abgemeldet und damals als neuen Wohnort Vaduz FL angegeben habe.

In Vaduz hat Jaquet eine Wohnung in einem einfachen 2-stöckigen Mehrfamilienhaus nahe dem Zentrum. An den Klingeln stehen ausländische Namen.

Clariden Leu bestätigt den steuerlichen Wegzug ihres CEO. «Es stimmt, dass Olivier Jaquet und seine Frau formell getrennte Wohnsitze haben», sagt Sprecherin Tanja Kocher. Aber die Steuererklärung hätten die beiden immer gemeinsam ausgefüllt. «Ein Steuerexperte hat den Namen von Olivier Jaquet auf der Steuererklärung von dessen Frau beigefügt und die gemeinsamen finanziellen Verhältnisse offengelegt. Das erklärt, weshalb Jaquet nicht im Männedörfler Steuerregister eingetragen ist.» Sein Lebenszentrum liege in Männedorf. DassJaquet offizielles Domizil in Vaduz habe, hänge mit seiner früheren Tätigkeit für CS-Trust, eine andere CS-Tochter mit Sitz im Fürstentum, zusammen, sagte die Sprecherin.

Persönlich wollte der Clariden-Leu-Chef nicht Stellung beziehen. Auf eine Nachricht von gestern auf seiner Combox hin liess er Clariden-Sprecherin Kocher zurückrufen. Diese wiederholte die früher gemachten Aussagen.

Das Vorgehen werfe Fragen auf, sagt Paul Aschwanden, Chef des Zürcher Steueramts. «Wer sich abmeldet, zahlt in der Wegzugsgemeinde ab der nächsten Steuerperiode keine Steuern mehr, auch nicht über den Weg der Steuerausscheidung.» Bei Steuerausscheidung teilen sich mehrere Gemeinden die Steuereinnahmen auf.

Mehrere Hunderttausend Franken Ersparnis in Vaduz

Bei einem getrennten Steuersitz wie im vorliegenden Fall der Jaquets sei die Besteuerung klar geregelt, sagt Aschwanden. «Beim Status ‹getrennter Wohnsitz› werden die Ehepartner je separat an unterschiedlichen Orten besteuert.» Daran ändere eine korrekte Erfassung von JaquetsEinkommen und Vermögen auf der Steuererklärung seiner Frau nichts. «Ein Steueramt kann nach einer Prüfung in guten Treuen davon ausgehen, dass die Angabe der neuen Gemeinde zutrifft und entsprechend dort Steuern bezahlt werden», sagt der Zürcher Steuerchef. Laut der Männedörfler Vize-Steuersekretärin Stephanie Brunner ist ein Ehepartner, der sich in Männedorf abmeldet, bei der alten Gemeinde steuerlich nicht mehr erfasst. «Wir prüfen lediglich, ob sich jemand am neuen Ort auch wirklich anmeldet», sagt Brunner.

Jaquet und seine Frau fielen in der Nachbarschaft am Männedörfler Hügel durch Luxusautos mit liechtensteinischen Nummernschildern auf. «Wir fragten uns, ob die Familie hier lebt und pro forma im Ausland registriert ist», sagt ein Männedörfler.

Als CS-Trust-Chef habe Olivier Jaquet mit Bonus bis 1,5 Millionen im Jahr verdient, sagt ein Ex-CS-Manager. Wenn man davon ausgeht, dass er bei Clariden Leu deutlich mehr verdient, liegt eine Steuerersparnis von mehreren Hunderttausend Franken im Jahr drin.


Einen Kommentar schreiben