Schweiz will Daten liefern

Im US-Schwarzgeldstreit plant Unterhändler Ambühl weitere Offenlegung. SonntagsZeitung, 17. April 2011

Mit wem Chefunterhändler Michael Ambühl vergangene Wo che am Treffen des Währungsfonds (IWF) in Washington sprach, wird als Staatsgeheimnis behandelt. «Es fanden am Rande der IWF-Frühjahrstagung bilaterale Treffen mit hochrangigen ausländischen Behördenvertretern statt», sagt Ambühls Sprecher Mario Tuor nur. «Über den Inhalt der Treffen wird nicht informiert.»

Laut einem Insider arbeitet Ambühl in enger Absprache mit Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf daran, die USA für einen Globaldeal zu gewinnen, mit dem alle Steuerpraktiken der Schweizer Banken abgegolten würden. Das Brisante daran: Der anvisierte Vertrag würde laut der Auskunftsperson dazu führen, dass die Schweiz den USA nochmals Daten von Tausenden amerikanischer Kunden offenlegen müsste – und zwar ohne dass ein zweiter Parlamentsbeschluss nötig würde. Im Visier sollen einfache Stiftungen stehen, ein Klassiker des alten «Swiss Banking».

UBS-Staatsvertrag bildet Basis für neue Aktion

In Bern und bei der Bankiervereinigung ist zur neuen Daten-Initiative der Schweiz keine Stellungnahme erhältlich. Doch der Insider, der über den Stand von Ambühls Bemühungen im Bild ist, sagt im Gespräch, dass der UBS-Staatsvertrag, der im Sommer 2009 ausgehandelt und ein Jahr später vom Parlament abgesegnet wurde, als Basis für die Aktion dienen soll.

Die Lücke für einen Weg an der Legislative vorbei findet sich im Kleingedruckten des Staatsvertrags. Dort gesteht die Schweiz den USA zu, dass sie «zusätzliche Amtshilfegesuche prüfen und behandeln würde, falls diese auf einem gleichen Verhaltensmuster von ‹Steuerbetrug und dergleichen› wie im Fall der UBS» beruhen würden.

Voraussetzung für ein zweites Amtshilfegesuch der USA auf Basis des UBS-Deals wäre somit, dass die USA nicht einfach einzelnen Schweizer Bankern und Vermögensverwaltern illegales Tun vorwerfen könnten, sondern den Instituten systematische Steuerhinterziehung nachweisen müssten. Ambühl plant nun laut dem Insider, normale Stiftungen, wie sie die Banken jahrzehntelang in Liechtenstein und anderswo zugunsten ihrer vermögenden Klientel errichtet hatten, rückwirkend zu kriminalisieren.

Bei diesen Strukturen ging es oft um Erbschaftslösungen, bei denen das Vermögen entgegen dem Gesetz des Heimatstaats zugunsten einer Freundin oder einem von mehreren Kindern übertragen werden sollte. Die Steuerfrage war nicht entscheidend. Entweder waren die Gelder schon zuvor schwarz und blieben dies auch in der neuen Struktur, oder sie waren bereits deklariert. Oft handelte es sich um unversteuerte Vermögen.

Ambühls Globaldeal sieht laut der Gewährsperson vor, dass Amerikaner, die ihre Stiftung nicht wie vorgesehen frei entscheiden liessen, sondern direkt über das Stiftungsvermögen verfügen konnten, ihren Anspruch auf einen Schutz durch das alte Bankgeheimnis verspielt hätten. Die Namen dieser US-Kunden würden auf ein entsprechendes US-Amtshilfegesuch hin offengelegt.

Stiftungen sollen systematisch missbraucht worden sein

Die Begründung: Hier wurde eine Struktur systematisch missbraucht, um den US-Fiskus zu täuschen. Die Banken, welche die Stiftungen aufsetzten, machten sich ebenfalls schuldig und werden damit haftbar gemacht.

Das Problem dieser Lösung ist, dass nicht der Fakt bestraft wird, dass Steuern hinterzogen wurden. Vielmehr würde eine Vermögensstruktur im Nachhinein gebrandmarkt mit dem Ziel, eine zweite «fishing expedition» zugunsten der US-Behörden zuzulassen. Zusammen mit einer hohen Busse als Abgeltung würden die USA im Gegenzug die Schweizer Banken und ihre Banker in Ruhe lassen.

Laut dem Insider sollen rund zwei Dutzend Banken solche Stiftungen aufgebaut haben. Falls die USA mitspielten, würden Ambühl und Widmer-Schlumpf, so die Quelle, noch in der laufenden Legislatur den Weg zum Amtshilfegesuch freimachen wollen.

UBS-Schweiz-Chef greift bei Jobbesetzung daneben

Das interne UBS-Mail kam Ende März. «Hiermit informiere ich Sie, dass F. (Name der Red. bekannt) anders als bereits mitgeteilt die Position des CFO UBS Schweiz nicht antreten wird.» Unterzeichner ist Will Widdowson, Ad-interim-Finanzchef unter Lukas Gähwiler, Schweiz-Chef der UBS. Zum zweiten Mal innert Monaten griff Gähwiler mit einer Topmanager-Abwerbung bei seiner Ex-Arbeitgeberin Credit Suisse (CS) daneben. F., als Managing Director einer der obersten 2000 der CS, versuchte, sensitive Daten von der CS abzuzügeln, blieb aber im CS-Computersystem hängen. Die CS reagierte sofort, F. ist heute nicht mehr bei der Grossbank unter Vertrag. Ein CS-Sprecher will «den Fall» nicht kommentieren; UBS-Sprecher Peter Hartmeier bestätigt, dass F. nicht wie geplant CFO Schweiz würde, schweigt aber zu den Gründen. Bereits im Dezember sorgte ein ähnlicher Fall für Schlagzeilen.


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