Rohner kämpft um seinen Ruf

CS-Präsident für weitgehende Konzessionen an USA – Grossbank liefert Mitarbeiterdaten aus. SonntagsZeitung, 11. September 2011

Am Montag schickte Romeo Cerutti, der Chefjurist der Credit Suisse (CS), laut einer CS-Quelle das brisante Mail nach Bern. Die von den USA ultimativ geforderten Angaben zur Steuerhinterziehung lägen für die sofortige Lieferung nach Washington bereit, liess Cerutti die Finanzmarktaufsicht (Finma) wissen.

Die Antwort an Cerutti kam am gleichen Tag vom Finanz-Staatssekretariat (SIF). Man habe entschieden, dass die CS die Daten aushändigen dürfe. Sogleich übergab die Bank dem US-Justizministerium die geforderten Detailinformationen zum Ausmass der Steuerhinterziehung.

Laut der CS-Quelle handelte Jurist Cerutti in enger Abstimmung mit CS-Präsident Urs Rohner. Sprecher Andrés Luther äussert sich nicht dazu, betont aber, dass die Bank keinen Sololauf mache. «Wir haben die Daten in Absprache mit dem Finanzministerium in die USA geliefert.»

Zwei Tage nach dem CS-Vorstoss räumte SIF-Chef Michael Ambühl neun Schweizer Banken das gleiche Recht wie der CS ein. «Am 6. September hat der Bundesrat beschlossen, dass auf diese US-Forderungen teilweise eingetreten werden kann», schrieb Ambühl an Basler Kantonalbank, Julius Bär, Wegelin, HSBC, Leumi, United Mizrahi, Hapoalim, Liechtensteinische Landesbank und Neue Zürcher Bank.

Rohner war verantwortlich, dass die CS sich korrekt verhält

Die «Übermittlung statistischer Daten» habe «durch die Schweizer Banken zu erfolgen», hielt Ambühl im Brief fest, welcher der SonntagsZeitung vorliegt. Deadline ist der 23. September. Ambühl betont, Lieferungen dürften nur so weit gehen, «als dies unter schweizerischem Recht möglich ist und die weiteren Verhandlungen nicht präjudiziert».

Dass aber jede involvierte Bank für sich selbst schaut, veranschaulicht das Beispiel CS. Neben Angaben zum Umfang amerikanischen Schwarzgelds liefert sie den US-Behörden auch sensible Informationen in eigener Sache: Wie Recherchen der SonntagsZeitung zeigen, hat die Rechtsabteilung der Grossbank der US-Justiz die Namen von gut einem Dutzend CS-Kundenberatern ausgehändigt, die US-Bürgern mutmasslich Beihilfe zu Steuerdelikten geleistet haben.

Die CS verweist auf ein Statement vom 15. Juli, wonach die Bank mit den US-Behörden kooperiere. Bereits am 21. Juli erhob ein US-Gericht Anklage gegen eine Reihe hochrangiger Private Banker der CS, darunter auch Markus Walder, den Ex-Chef des US-Offshore-Geschäfts der CS.

Für CS-Präsident Rohner hat sich das Powerplay bezahlt gemacht, denn er war persönlich vom US-Angriff betroffen: 2004 bis 2009 war der frühere Wirtschaftsanwalt oberster Rechtschef der CS, danach wurde er Vize-präsident, seit Frühling ist er Präsident des Verwaltungsrates. Als oberster Rechtsverantwortlicher war Rohner das Pendant zu Peter Kurer bei der UBS: Er trug die Verantwortung, dass sich seine Bank rechtlich korrekt verhielt.

Im Unterschied zu Kurer hat die CS keinen Whistleblower, der RohnerMitwissertum vorwerfen könnte. Doch wie bei der UBS gibt es mit Walder einen US-Offshore-Verantwortlichen, den die USA in die Mangel nehmen.

Laut einem Schweizer Banker soll Walder im kleinen Kreis Rohner mit Aussagen belasten. Walders Hilfe für US-Steuerhinterzieher sei mit Rohners Wissen erfolgt, sagt diese Quelle mit Bezug auf das engste Umfeld Walders. Die CS will sich dazu nicht äussern.

Die USA werfen dem entlassenen Ex-CS-Banker vor, auch nach Ausbruch des UBS-Steuerstreits Amerikanern beim Steuerhinterziehen geholfen zu haben. Die CS nimmt für sich in Anspruch, alle Kunden deklariert oder verabschiedet zu haben.

Für Rohner hat sich die Bedrohungslage mit der Datenaushändigung entschärft. Seine Bank bleibt aber im Visier der USA. Aus dem Ultimatum von US-Vize-Justizminister James Cole, das der SonntagsZeitung vorliegt, sind die nächsten US-Schritte absehbar. Nach Erhalt der jüngsten Daten wollen die USA in Bern Amtshilfe beantragen. Gleichzeitig werden juristische Zwangsmassnahmen gegen einzelne Banken vorbereitet. Damit würden die USA wie bei der UBS den Druck erhöhen, um eine möglichst grosse Zahl von US-Kundennamen zu erhalten.

Der New Yorker Strafverteidiger Robert Katzberg sieht gute Chancen dafür. «Die Ausstellung von Strafklagen ist eine clevere Taktik, um bei den Schweizer Banken das Maximum herauszuholen.»


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