Fall Jaquet wird zum Fall Credit Suisse

Die Mutterbank von Clariden Leu wusste um das Vaduzer Domizil ihres Managers und bezahlte sogar Steuern dafür. SonntagsZeitung, 16. Oktober 2011

Olivier Jaquets Liechtensteiner Steuerkonstrukt fällt auf das Mutterhaus Credit Suisse zurück. Die CS wusste nicht nur um das Pro-forma-Domizil des Chefs ihrer Tochterbank Clariden Leu. Sie überwies sogar die in Vaduz anfallenden Quellensteuern von Jaquet.

Damit hat die CS ein Konstrukt am Leben erhalten, bei dem ein Kadermann jahrelang einen Scheinwohnsitz in Vaduz hatte. CS-Sprecher Marc Dosch bestätigt, dass CS Trust und CS Life & Pensions, die beide von Jaquet geführt wurden, in Vaduz Quellensteuern für diesen bezahlten. Ob Jaquet damit in seiner effektiven Wohngemeinde Männedorf ZH steuerpflichtig geworden wäre, sei «grundsätzlich eine persönliche Angelegenheit jedes Mitarbeiters», sagt Dosch.

Der Fall liegt nun beim Steueramt: «Wir prüfen via Steuererklärung von Frau Jaquet, ob Jaquet nachbesteuert und gebüsst wird», sagt der Steueramtschef des Kantons Zürich, Adrian Hug. Gleichzeitig rückt die CS ins Zentrum der Affäre. Für deren Quellensteuerregelungen ist die Konzernleitung verantwortlich, selbst wenn wie bei Jaquet Tochtergesellschaften betroffen sind. Offenbar will die Bank Zeit gewinnen. Ein CS-Manager sagt, man nehme den Fall sehr ernst. Die interne CS-Revision habe sich der Sache angenommen. Der CS droht ein Imageschaden, wenn sich herausstellen sollte, dass sie systematisch Scheinsteuersitze für ihr Führungspersonal betrieben hat. Die Bank steht bereits im US-Steuerkonflikt unter Druck. Zudem meldete die Börse vergangene Woche Ermittlungen gegen die CS wegen Insidertransaktionen.

Die Clariden-Führung sieht sich nicht in der Verantwortung: «Ich stehe voll und ganz hinter Olivier Jaquet», sagt Clariden-Präsident Peter Eckert.

Gefordert ist nun der starke Mann der CS, Private-Banking-Chef Hans-Ulrich Meister. Er überprüft derzeit unter «Future PB» (Zukunft Private Banking) alle Einheiten der Vermögensverwaltung, darunter auch Clariden Leu.

Meister hat mit Clariden drei Möglichkeiten: Er kann die Tochter in die CS integrieren; dann aber drohen Grosskunden abzuspringen. Oder er stösst Clariden ab oder lässt alles beim Alten. So oder so muss er rasch eine Erklärung für den Fall Jaquet liefern.


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